Wien. Der neue Gehaltsabschluss für die Beschäftigten an Österreichs Universitäten wird von den Sozialpartnern als Erfolg unter schwierigen Bedingungen präsentiert. Doch hinter den Formulierungen stehen für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter harte Realitäten: Prekariat, Überlastung, unzureichende Bezahlung und strukturelle Rahmenbedingungen, die sich trotz jahrelanger Kritik kaum verbessern – im Gegenteil.
Hochqualifiziert, schlecht bezahlt
An kaum einem anderen Ort des öffentlichen Dienstes ist die Kluft zwischen formaler Qualifikation und Einkommen so groß wie an den Universitäten. Wer hier lehrt und forscht, hat meist jahrelange Ausbildung hinter sich: Master, oft Promotion, teils Habilitation – und dennoch hängen viele Beschäftigte in befristeten Verträgen, Teilzeitstellen, Kettenverträgen und unsicheren Drittmittelprojekten fest.
Obwohl der wissenschaftliche Betrieb ohne sie nicht funktionieren würde, liegen die Einkommen vieler Universitätsangestellter real unter dem Niveau vergleichbarer hochqualifizierter Tätigkeiten und nicht selten sogar unter jenem privater Wirtschaftspositionen. Gleichzeitig werden Forschung und Lehre mit unzureichenden Arbeitsmitteln, veralteter Infrastruktur und hohem Zeitdruck erbracht. Die öffentliche Vorstellung eines gut ausgestatteten, privilegierten akademischen Arbeitsumfelds hat mit der tatsächlichen Praxis vieler Beschäftigter wenig zu tun.
Ein Abschluss unter der Inflation – real sinkende Löhne
Der aktuelle Kollektivvertragsabschluss für 2026 und 2027 zeigt die strukturelle Schieflage besonders deutlich.
- Für 2026 beträgt die Erhöhung 1,65 Prozent, mindestens 60 Euro.
- Für 2027 beträgt sie 1,3 Prozent, wiederum mindestens 60 Euro.
Damit liegen die Steigerungen klar unter der rollierenden Inflation von derzeit 3,01 Prozent – und voraussichtlich auch unter der Preisentwicklung in diesem Jahr. Das bedeutet: Zwei Jahre hintereinander real sinkende Einkommen. In Zeiten ohnehin hoher Belastung und angesichts steigender Lebenshaltungskosten ist das ein schlechtes Signal. Die behauptete „soziale Staffelung“ durch Mindestbeträge lindert die Lage im unteren Bereich nicht wirklich und ändert nichts am Kernproblem: Beschäftigte verlieren Reallohn, während gleichzeitig an vielen Standorten die Arbeitsintensität steigt.
Strukturelle Probleme bleiben ungelöst
Im Vorfeld der Verhandlungen wurde eine Änderung im KV (§ 21 Abs. 2a) als großer Fortschritt verkauft, weil sie mehr unbefristete Stellen ermöglichen soll. Doch diese Maßnahme ist eine „Sunset-Legislation“, die nach vier Jahren automatisch ausläuft – und deren tatsächlicher Effekt völlig unklar bleibt. Die Unsicherheit wird damit nicht reduziert, sondern aufgeschoben.
Gleichzeitig bleibt die problematische UG-Novelle weiterhin in Kraft, die an den Universitäten zu mehr Druck, zu verschärften Evaluationsmechanismen und zu einem stärkeren Fokus auf kurzfristige „Outputs“ geführt hat. Viele Beschäftigte leiden unter diesen Bedingungen: steigende administrative Anforderungen, erhöhte Abhängigkeit von Drittmitteln, wachsende Hierarchie und ein verschärfter Wettbewerb um wenige langfristige Perspektiven.
Budgetdruck als dauerhaftes Argument
Hinzu kommen strukturelle Unterfinanzierung und politische Vorgaben: Die Universitäten müssen bereits während der laufenden Leistungsvereinbarungsperiode 150 Millionen Euro einsparen. Diese Budgetvorgaben bestimmen die Spielräume der Verhandlungen – und werden regelmäßig dazu genutzt, niedrige Abschlüsse zu rechtfertigen.
Dabei trifft der Sparkurs ausgerechnet jene, die den universitären Betrieb am Laufen halten: wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Lehrende, Verwaltungsbeschäftigte und technisches Personal. Sie sollen weniger verdienen, während gleichzeitig immer mehr von ihnen erwartet wird.
Sozialpartnerschaft und ihre Grenzen
Sowohl Arbeitgeber als auch Gewerkschaften betonen, der Abschluss habe die „Grenzen des Möglichen“ ausgeschöpft. Tatsächlich zeigt der Kompromiss aber vor allem eines: Es fehlt der politische Wille für eine Ausfinanzierung von Forschung, und die Sozialpartnerschaft verwaltet diese Politik ohne einzugreifen. Für die Beschäftigten bedeutet der neue Abschluss: weiterhin prekäre Perspektiven, Arbeitsintensität, und nun auch doppelte Reallohnverluste.
Quelle: Gewerkschaft Öffentlicher Dienst



















































































