Wien. Wenn das Budget wackelt, greift man nicht in die Kassen der Reichen, sondern dreht an den Gebühren für die breite Bevölkerung, so auch in der Stadt Wien. Mit einer Sammelnovelle, die demnächst im Landtag beschlossen werden soll, werden hunderte Abgaben erhöht – von der Hundesteuer über Verwaltungsgebühren bis hin zu Grillplätzen und Büchereien. Der Sparhammer trifft wieder einmal jene, die sich ohnehin jeden Euro zweimal umdrehen müssen.
Im Rathaus der Stadt Wien verweist man darauf, dass viele Gebühren „seit Jahrzehnten“ nicht angepasst worden seien. Dass die Löhne der arbeitenden Bevölkerung mit der Teuerung seit Jahren nicht Schritt halten, scheint dabei weniger erwähnenswert. Der Höchstrahmen für Verwaltungsabgaben wird gleich von 1.500 auf 4.000 Euro angehoben. Rund 300 verschiedene Posten – von Amts- über Kommissionsgebühren – sollen künftig mehr kosten. Die genauen Tarife werden erst später per Verordnung festgelegt.
Auch wer den öffentlichen Raum nutzt, wird stärker zur Kasse gebeten. Gebrauchsabgaben steigen für Geschäftstreibende, Baustellen, Vorbauten – und sogar für jene Menschen, die in Mozartkostümen Konzertkarten an Touristen verkaufen. Statt rund 170 Euro sollen künftig fast 350 Euro pro Monat fällig werden.
Besonders deutlich zeigt sich die Logik der neuen Gebührenpolitik bei der Hundesteuer. Der erste Hund kostet künftig 120 statt 72,67 Euro im Jahr, jeder weitere 160 statt 109 Euro. Erst 2027 soll ein einheitlicher Tarif gelten. Aus dem Büro von Finanzstadträtin Barbara Novak heißt es, die Sätze stammten noch aus dem Jahr 1989. Dass Mieten, Energiepreise und Lebensmittel seitdem explodiert sind, dient hier offenbar als Argument, nun auch bei Haustierhalterinnen und Haustierhaltern kräftig nachzuschärfen. Bezahlt wird das Ganze mit dem Verweis auf Hundezonen, Wasseranschlüsse und Kotsackerlspender – kommunale Infrastruktur als Rechtfertigung für neue Belastungen.
Teurer werden außerdem Kanal- und Wasseranschlüsse, der Wiener Sportförderungsbeitrag steigt um ein Viertel auf 12,5 Prozent, Wetten am Terminal verteuern sich gleich um 50 Prozent. Und damit in Zukunft regelmäßiger abkassiert werden kann, sollen viele Abgaben erstmals automatisch an die Inflation angepasst, also valorisiert werden.
Besonders symbolträchtig sind die neuen Preise auf der Donauinsel und in den Büchereien. Grillplätze, bislang für zehn Euro reservierbar, sollen künftig 45 Euro kosten. Wer lesen will, zahlt ebenfalls mehr: Die Jahreskarte für Erwachsene steigt von 36 auf 45 Euro, die ermäßigte von 10,80 auf 15 Euro. Selbst Freizeit und Bildung werden im Sparhaushalt zur Einnahmequelle degradiert.
Unterm Strich erwartet sich die Stadt Mehreinnahmen von mindestens 65,5 Millionen Euro pro Jahr – wohlgemerkt noch ohne jene Tarife, die erst per Verordnung festgelegt werden. Das Sparpaket ist also nach oben offen. Getragen wird es jedenfalls nicht von Konzernen, Immobilienhaien oder Vermögensmillionärinnen und ‑millionären, sondern von Hundehalterinnen und Hundehaltern, Sportwettenkundinnen und ‑kunden, Bibliotheksnutzerinnen und ‑nutzern, Betrieben und ganz normalen Wienerinnen und Wienern.
Die regierende SPÖ Wien beweist damit erneut, was Sozialdemokratie im 21. Jahrhundert bedeutet: sparen bei den Vielen, schonen der Reichen. Die Stadt wird nicht dadurch saniert, dass man Konzerne und Vermögen belastet, sondern indem man das alltägliche Leben verteuert – Schritt für Schritt, Gebühr für Gebühr.
Zynisch ist an dieser Politik nicht nur das Ausmaß der Erhöhungen, sondern die Verpackung: Alles geschieht angeblich „kostenwahr“ und „sozial ausgewogen“. In der Realität bedeutet es vor allem eines: Wer wenig hat, bezahlt relativ mehr. Wer viel besitzt, bleibt weitgehend unbehelligt. So funktioniert Konsolidierung im Kapitalismus – die Krise wird von unten nach oben durchgereicht.
Und während die Stadt stolz verkündet, dass soziale Ausnahmen bestehen bleiben, wird gleichzeitig ein System etabliert, das immer neue Hürden errichtet, um selbstverständliche Dinge wie Verwaltung, Freizeit, Sport oder Lesen leistbar zu halten. Das ist keine Budgetpolitik, das ist eine schleichende Umverteilung von unten nach oben.
Quelle: ORF














































































