Am Sonntag, den 14. April 2024 ist im hohen Alter von 98 Jahren die österreichische Widerstandskämpferin Käthe Sasso verstorben. Bis zuletzt wurde sie nicht müde, Gerechtigkeit für all jene in Erinnerung zu rufen, die Opfer des menschenverachtenden NS-Regimes wurden.
Käthe Sasso wurde als Katharine Smudits im März 1926 in eine klassenbewusste burgenlandkroatische Familie geboren, die nach Wien übersiedelt war. Wie damals nicht unüblich, verbrachte sie viel Zeit bei ihrer Großmutter im burgenländischen Nebersdorf (Šuševo), heute ein Ortsteil von Großwarasdorf (Veliki Borištof) im Bezirk Oberpullendorf.
Politik spielte im Elternhaus von Käthe Sasso eine große Rolle. Ihre Eltern Agnes und Johann Smudits waren aktiver Teil der organisierten Arbeiterbewegung. Nach der zögerlichen Haltung der österreichischen Sozialdemokratie im und nach dem österreichischen Bürgerkrieg 1934 schlossen sie sich entsprechend ihrer politischen Überzeugung dem kommunistischen Widerstand an und engagierten sich im Kampf gegen das austrofaschistische, später das nationalsozialistische Regime in Österreich. Über Johann Smudits stieß etwa 1941 der Chauffeur Johann Dragosits zur illegalisierten kommunistischen Partei – dieser wurde wie viele andere Widerstandskämpfer von den Schergen des NS-Terrorapparats hingerichtet.
Auch Käthe Sasso beteiligte sich bereits als junges Mädchen am Kampf gegen den Nationalsozialismus und für ein freies, unabhängiges Österreich. Sie wurde Teil der kommunistischen Widerstandsgruppe Gustav Adolf Neustadl, die die Familien hingerichteter Widerstandskämpfer mit Lebensmitteln unterstützte, das Hören ausländischer Radiosender propagierte und nicht zuletzt in Flugblättern gegen das NS-Regime agitierte. Mitglieder der Gruppe waren unter anderen Emilie Tolnay, Therese Dworak, Maria Sip, Rosalia Graf und deren Ehemann Johann Graf sowie das Ehepaar Gaida. Sie alle wurden von einem Spitzel der Gestapo im August 1942 verhaftet, wegen Hochverrats verurteilt und hingerichtet.
Am 21. August 1942 wurde Käthe Sasso von der Gestapo verhaftet und zunächst am Morzinplatz, dem berüchtigten Wiener Hauptquartier der Gestapo, inhaftiert. In der Folge kam sie erst ins Polizeigefangenhaus „Elisabethpromenade“ (so die damalige Straßenbezeichnung, heute Rossauer Lände 7–9), ins Gefängnis in der Schiffamtsgasse sowie in jenes des Wiener Landesgerichts. Käthe Sasso entging nur knapp dem Todesurteil und wurde ins Arbeitserziehungslager Oberlanzendorf überstellt. Im September 1944 wurde sie nach Berlin und wenig später in das KZ Ravensbrück und damit in das größte Konzentrationslager für Frauen im sogenannten deutschen Altreich im Norden Brandenburgs deportiert.
Ende April 1945, als die Rote Armee bereits in Berlin kämpfte, musste sie mit anderen Inhaftierten den Todesmarsch in Richtung des KZ Bergen-Belsen antreten, konnte jedoch mit ihrer Freundin Mizzi Brosch fliehen. Gemeinsam schlugen sie sich erfolgreich zurück nach Wien durch, wo die sowjetischen Befreier die Herrschaft der Nationalsozialisten inzwischen beendet hatten. Im wiederentstandenen Österreich heiratete Käthe den Widerstandskämpfer Josef Sasso. Sie bekamen drei Kinder und übersiedelten ins niederösterreichische Winzendorf an der Hohen Wand, wo ihr Mann eine Spenglerei betrieb.
Seit den 1990er Jahren setzte sich Käthe Sasso für das Nicht-Vergessen jener Frauen und Männer ein, die im Widerstand gegen den Nationalsozialismus und für ein freies, unabhängiges und demokratisches Österreich ihr Leben ließen. In unzähligen Gedenkveranstaltungen und vor Schulklassen erinnerte sie an diese vom offiziellen Österreich lange Zeit nur zu gerne ausgeblendete andere Geschichte der Zeit von 1938 bis 1945. Nicht zuletzt ihrem unermüdlichen Einsatz ist es zu verdanken, dass die Erinnerungsstätte an die „Gruppe 40“ im Wiener Zentralfriedhof – jene Stelle, wo die hingerichteten WiderstandskämpferInnen damals verscharrt wurden – bis heute existiert und 2013 zur nationalen Gedenkstätte für die Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime erklärt wurde. 2016 wurde Käthe Sasso für ihr Engagement als Zeitzeugin und ihre Parteinahme für die Opfer des Nationalsozialismus, für Frieden und Demokratie mit dem Berufstitel Professorin ausgezeichnet.
Wir betrauern mit Käthe Sasso eine aufrechte Antifaschistin und eine starke Frau, die trotz oftmals widriger Umstände ihren Überzeugungen treu geblieben ist. Die Partei der Arbeit Österreichs wird das würdige Andenken an Käthe Sasso und ihren Kampf um eine gerechtere Gesellschaftsordnung konsequent weiterführen.
Die sprichwörtlichen „Leichenfledderer“ haben jedoch nicht lange auch sich warten lassen. Wie eine Verhöhnung des Lebenswerkes von Käthe Sasso liest sich der offizielle Nachruf des sozialdemokratisch regierten Landes Burgenland, in dem der burgenländische Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil mit folgenden Worten zitiert wird: „Mit ihr verliert das Burgenland eine ganz große Persönlichkeit, die uns allen ein Vorbild war und – gerade angesichts der aktuellen Ereignisse an Schauplätzen wie der Ukraine und Israel – auch weiterhin sein muss.“ Käthe Sasso soll auf diese Weise zur Kronzeugin der imperialistischen Aggressionen in der Ukraine und in Gaza gemacht werden. Die politische Verlotterung der österreichischen Sozialdemokratie hat offensichtlich einen neuen Tiefpunkt erreicht.
Quellen: Archiv weiter_erzaehlen / Land Burgenland / erinnern.at / ORF Burgenland / Der Standard
Weiterführende Informationen: Erschlagt mich, ich verrate nichts! Käthe Sasso, Widerstandskämpferin, Regie: Kurt Brazda. ORF III, 9. November 2013