Eigentlich leben Flusspferde heute nur noch in Afrika. Seit über 40 Jahren gibt es jedoch auch in Kolumbien eine stetig wachsende Population, die immer mehr zum Problem wird.
Bogota. Der ehemalige Drogenbaron Pablo Escobar ließ für seinen Privatzoo 1981 vier Flusspferde aus einem Zoo in den Vereinigten Staaten einfliegen. Im privaten Tiergarten lebten sie neben anderen Wildtieren bis zu Escobars Tod im Jahre 1993. Die meisten Tiere wurden dann aus dem ehemaligen Privatzoo transportiert. Die Flusspferde durften dank ihrer schweren Transportierbarkeit jedoch noch weiter auf dem Areal verbleiben.
Als das Gelände des ehemaligen Privatzoos 13 Jahre später zu einem Freizeitpark umfunktioniert wurde, hatte sich die einst vierköpfige Population bereits vervierfacht. Und die Flusspferde vermehrten sich weiter. Aktuell beläuft sich die Populationsgröße des sonst nur in Afrika beheimateten Flusspferdes in Kolumbien wohl auf etwa 150 Tiere.
Die jährliche Wachstumsrate einer Flusspferdpopulation in Afrika wird auf etwa sieben bis acht Prozent geschätzt. In Kolumbien hat das Tier jedoch so gut wie keine natürlichen Feinde, weswegen manche Forscherinnen und Forscher von einer Wachstumsrate von elf Prozent ausgehen. Im Jahr 2050 wären das, je nach tatsächlicher Wachstumsrate, über 900 beziehungsweise über 2500 Tiere.
Forscherinnen und Forscher warnen, dass das weitreichende ökologische Folgen hätte. Die Tiere trampeln aufgrund ihrer Masse (bis zu 1.800 Kilogramm) nicht nur die Flora nieder, ihre Ausscheidungen sorgen auch für eine erhebliche Verschmutzung der Gewässer. Es wird befürchtet, dass die Nachkommen von Escobars privater Flusspferdpopulation bedrohte Tierarten wie Seekühe oder Flussschildkröten gefährden könnten.
In Kolumbien stellt sich nun die Frage, wie man mit den Flusspferden verfahren sollte. Vor zehn Jahren gab es bereits eine behördliche Initiative, die Tiere einfach abzuschießen. Das stieß jedoch auf massive Proteste. Nicht nur von Personen aus Tier- und Umweltschutz, sondern auch von einigen Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft. Mittlerweile sind die Flusspferde nämlich schon zu einer kleinen Tourismusattraktion geworden.
Um zu verhindern, dass die Tiere zum Abschuss freigegeben werden, fand man 2021 auch in den USA einen Weg, sich in die kolumbianische Angelegenheit einzumischen. Ein Gesetz in den Vereinigten Staaten erlaubt es nämlich, dass US-Gerichte „interessierte Personen“ in ausländischen Rechtsstreitigkeiten vertreten dürfen. Der „Gemeinschaft der Flusspferde im Magdalena-Fluss“ wurde dieser Status „interessierter Personen“ zugesprochen. Damit sind die kolumbianischen Flusspferde die ersten und bislang einzigen juristischen Personen der Tierwelt. Dank der vielfältigen Anhängerschaft aus Tierschutz, Wirtschaft und dem US-Amerikanischen Justizsystem leben die Flusspferde also weiterhin in Kolumbien und werden sich wohl auch noch weiter vermehren, denn auch Sterilisierungskampagnen zeigten keine großen Erfolge.
Aníbal Gaviria Correa, der Gouverneur von Antioquia, wo der Drogenbaron Escobar einst gemeinsam mit seinen Flusspferden, sowie Giraffen, Elefanten, Nashörnern, Löwen und anderen Wildtieren residierte, stellte zuletzt einen neuen Vorschlag zur Diskussion. 70 Exemplare der Flusspferdpopulation sollen per Flugzeug abtransportiert werden, also auf demselben Wege, wie ihre Vorfahren einst ins Land gereist sind. Dann solle man sie in Einrichtungen bringen, „die in der Lage sind, sie aufzunehmen, angemessen unterzubringen und ihre Fortpflanzung zu kontrollieren“, so Gaviria Correa gegenüber der CNN.
Quellen: Der Standard/Stern