Im Geschworenenprozess wegen NS-Wiederbetätigung könnte der Neonazi-Rapper „Mr. Bond“ bis zu 20 Jahre Haft ausfassen.
Wien. Dem Neonazi-Rapper „Mr. Bond“ geht wohl „der Arsch auf Grundeis“. Er hat zu Beginn seines Schwurgerichtsprozesses wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung ein Geständnis abgelegt und behauptet, er sei „verblendet“ gewesen. Abgesehen von dem kurzen Statement, das mit der Bemerkung „Ich möchte mich entschuldigen, es tut mir leid“ endete, war der Neonazi-Rapper zu keinen weiteren Angaben bereit. Er beantwortete auch keine Fragen des vorsitzenden Richters und der Staatsanwältin, die ihm in ihrem Eröffnungsvortrag einen „extremen Judenhass“ und eine „jahrzehntelange Indoktrinierung“ mit antisemitischem Gedankengut und Verherrlichung des Nationalsozialismus bescheinigt hatte.
Der mitangeklagte jüngere Bruder des Nazi-Rappers war teilweise geständig. Er gab zu, Administrator einer rechtsextremen, judenfeindlichen Website gewesen zu sein, bestritt jedoch, Musikstücke seines Bruders im Internet hochgeladen zu haben. Der 34-Jährige verlas ebenfalls nur ein Statement und verweigerte danach jede weitere Aussage.
Nationalsozialismus verherrlicht
Die Anklage wirft „Mr. Bond“ vor, mit seiner Musik und Videos den Nationalsozialismus, Adolf Hitler und die Massenvernichtung im Dritten Reich verherrlicht zu haben. Er hatte in der einschlägigen Szene Bekanntheit erlangt, indem er populäre Hits umtextete und die neuen Versionen via Internet verbreitete bzw. 2019 auf fünf CDs veröffentlichte.
Mehrere, darunter drei deutschsprachige Stücke wurden im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts abgespielt, um den Geschworenen einen Eindruck von der Gesinnung des 37-Jährigen zu geben, die ihm – jedenfalls seiner Darstellung zufolge – nach 14 Monaten U‑Haft abhandengekommen sein soll.
Zollte Christchurch-Attentäter Tribut
Der gebürtige Lienzer hatte auch ein Video verbreitet, mit dem er dem Attentäter von Christchurch in Neuseeland Tribut zollte, der im März 2019 in zwei Moscheen 51 Menschen umbrachte. Er übersetzte auch dessen „Manifest“ ins Deutsche. In seinen Rap-Songs behauptete der Mann die angebliche Vorherrschaft der weißen Rasse.
Eine seiner Nummern verwendete laut Anklage der rechtsextreme Gewalttäter, der am 9. Oktober 2019 im deutschen Halle an der Saale in eine Synagoge eindringen wollte. Während des geplanten Livestreams vom gescheiterten Attentat auf die jüdische Gemeinde spielte der Mann ein Werk von „Mr. Bond“ ab.
Bis zu 20 Jahre Haft möglich
„Mr. Bond“ konnte über sein Paypal-Konto ausgeforscht werden, über das er Zahlungseingänge für seine Musik abgewickelt hatte. Er wurde im Jänner 2021 in Wien festgenommen. In seiner Zelle haben ihn seither briefliche Fan-Botschaften von Rechtsextremen aus aller Welt – darunter aus Kanada und den USA – erreicht.
In einschlägigen Foren wurden Spenden und Unterstützungserklärungen gesammelt. Vor mehreren Monaten wurde sogar vis-a-vis des Landesgerichts an der Fassade eines Hauses eine Fahne mit dem Schriftzug „Free Mr. Bond“ angebracht. Die Verhandlung fand unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt, mehrere schwerbewaffnete Wega-Beamte hatten im Schwurgerichtssaal Stellung bezogen.
Dieser war fast bis auf den letzten Platz mit Zusehern gefüllt, es kam jedoch zu keinerlei Störungen. Der Prozess wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt. Dann sollen auch die Urteile fallen. „Mr. Bond“ drohen im Fall einer anklagekonformen Verurteilung bis zu 20 Jahre Haft – die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass bei ihm eine „besondere Gefährlichkeit“ vorliegt, was strafverschärfend wirkt.
Quelle: orf.at