Während der Planet brennt, während Millionen Menschen hungern, fliehen, schuften und sterben – weil die Ressourcen ungerecht verteilt, die Lebensgrundlagen systematisch zerstört und die Reichen unermesslich reicher werden –, inszeniert sich ein Milliardär als Feminist. Jeff Bezos schickt seine Verlobte samt Katy Perry ins All. Für zehn Minuten Schwerelosigkeit. Für mehrere Millionen Dollar. Für ein PR-Feuerwerk, das mehr CO₂ verpulvert als ganze Dörfer in einem Jahr.
Die erste „rein weibliche“ Weltraumtourismus-Mission soll ein feministischer Triumph sein. „Mütter fliegen ins All“, tönt Lauren Sanchez, während ihre Rakete in der texanischen Wüste auf ihren Abflug wartet. Katy Perry spricht von Glamour im All und dass sie ihrer Tochter und anderen Mädchen ein Vorbild sein möchte. Und Millionen von Menschen sollen glauben, das sei Fortschritt, das sei Empowerment, das sei Gleichstellung.
Doch was hier passiert, ist nichts anderes als die Farce der spätkapitalistischen Dekadenz: Eine Bourgeoisie, die sich selbst feiert, während sie auf den Ruinen der Welt tanzt. Frauen im All? Ja, aber welche Frauen? Multimillionärinnen, Moderatorinnen, Unternehmerinnen, von denen keine einen Cent erarbeiten muss. Wer von „Zugang für alle“ spricht oder einer Demokratisierung des Weltalls, während pro Ticket kolportierte Millionenbeträge fällig sind, macht sich nicht nur lächerlich – er beleidigt die Intelligenz derer, die auf dieses Planeten ums Überleben kämpfen müssen.
Weltraumtourismus ist kein Fortschritt. Er ist das Symptom einer imperialistischen, ökologisch wie sozial zerstörerischen Wirtschaftsweise, die in ihrer Endphase angekommen ist. Der Kapitalismus hat sich von der Erde gelöst – buchstäblich. Er flieht nach oben, um dort das nächste Spielfeld für Profit, Status und Exklusivität zu eröffnen. Er ignoriert, dass der Himmel kein Spielplatz ist, sondern ein hochsensibles Ökosystem. Jeder Raketenstart bläst Tonnen von klimaschädlichen Stoffen in die Atmosphäre – für zehn Minuten Eitelkeit.
Der pinke Anstrich ändert nichts daran, dass es sich um dieselbe alte Herrschaft handelt: Reichtum, Macht, Medieninszenierung – nun mit Glitzerhelm und Selfie im All. Währenddessen bleiben die Care-Arbeiterinnen, die Putzfrauen, die Arbeiterinnen in den Logistikzentren, die migrantischen Näherinnen dieser Welt fest auf dem Boden. Sie und ihre Kollegen sind es, die das System tragen, das sich in die Stratosphäre verabschiedet.
Wenn diese Welt jemals wirklich emanzipatorisch werden soll, dann braucht es keine Millionärinnen im All – sondern Gerechtigkeit auf der Erde. Keine pinken Raketen – sondern rote Revolutionen. Keine PR-Missionen – sondern eine kollektive Neuverteilung von Eigentum, Ressourcen und Macht. Wer glaubt, dass die Zukunft weiblich ist, weil Lauren Sanchez in einer Bezos-Rakete sitzt, hat nicht verstanden, dass wirklicher Fortschritt nur gegen dieses System zu haben ist – nicht in ihm.
Quelle: ORF