Heute vor 250 Jahren, am 27. August 1770, erblickte Georg Wilhelm Friedrich Hegel in Stuttgart das Licht der Welt. Aus ihm sollte später einer der bedeutendsten Philosophen der bisherigen Weltgeschichte überhaupt werden. Er brachte die vormarxistische Philosophie zu einem Abschluss: Hegel schuf den bis dato systematischsten philosophischen Entwurf, er brachte den Gesamtzusammenhang der Welt in eine in sich schlüssige begriffliche Einheit. Darauf aufbauend konnte Karl Marx das Theorie-Praxis-Verhältnis neu denken. Neben einigen Schwächen im Detail war der Hauptmangel im Denken Hegels, dass er im Wesentlichen auf der Ebene des Begriffs blieb. Marx hingegen schlug den Bogen zur Wirklichkeit. Hegel wollte – inspiriert durch die Französische Revolution – die Welt revolutionieren, indem er die Gedankenwelt revolutionierte. Marx hingegen erkannte das unmittelbare, aber theoriegeleitete Eingreifen in die Wirklichkeit als ausschlaggebend – als in theoretischer wie praktischer Hinsicht entscheidend.
Es nimmt nicht wunder, dass auch der Revolutionsführer Lenin die klassische deutsche Philosophie mit Hegel an der Spitze als eine von drei „Quellen und Bestandteilen“ des Marxismus bezeichnete. Die marxistisch-leninistische Philosophie, die sich als dialektischer Materialismus versteht, bezieht noch heute wesentliche Denkanstöße aus den Schriften Hegels. Auffälligerweise gleiten all jene sich als sozialistisch oder kommunistisch verstehenden Gruppen, die sich von Hegel distanzieren wollen, früher oder später in den Opportunismus ab. Der enge Zusammenhang zwischen philosophischen Grundsatzfragen und tagespolitischen Auseinandersetzungen zeigt sich auch an dieser Stelle. Die durch Hegel revolutionierte Dialektik wurde einst nicht ohne Grund als „Algebra der Revolution“ bezeichnet.