HomeFeuilletonGeschichteVor 180 Jahren: Aufstand der schlesischen Weber

Vor 180 Jahren: Aufstand der schlesischen Weber

Vor genau 180 Jahren, am 4. Juni 1844, begann im schlesischen Eulengebirge der Aufstand der Baumwollweber. Hunderte Arbeiter und Arbeiterinnen protestierten zwei Tage lang gegen Hungerlöhne, Ausbeutung und Armut, wobei auch einige Unternehmensanwesen gestürmt, geplündert und verwüstet wurden. Der preußische König schickte schließlich die Armee zur Niederschlagung des Weberaufstandes. Mit Knüppeln und Steinen bewaffnet verteidigten sich die Protestierenden gegen die preußische Soldateska, die erbarmungslos mit scharfer Munition schoss: Elf Menschen wurde getötet, 24 schwer verletzt. Mit 6. Juni war der Aufstand gewaltsam beendet. – Die vorrevolutionären Ereignisse wurden vielfach reflektiert, auch literarisch, u.a. von Gerhart Hauptmann und Georg Weerth. Wir bringen ein Gedicht von Heinrich Heine (1797–1856) über den Weberaufstand, das am 10. Juli 1844 im Pariser „Vorwärts“ von Karl Marx erstmals veröffentlicht wurde.

Heinrich Heine: Die schlesischen Weber (1844)

Im düstern Auge keine Träne,
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
Deutschland, wir weben Dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch –
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten;
Wir haben vergebens gehofft und geharrt,
Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt –
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen,
Der den letzten Groschen von uns erpresst,
Und uns wie Hunde erschießen lässt –
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulniss und Moder den Wurm erquickt –
Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht –
Altdeutschland, wir weben Dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch,

Wir weben, wir weben!

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