Im Finale des prestigeträchtigen englischen FA Cups kommt es zu einer Topsensation mit Ansage: Crystal Palace besiegt Manchester City. Als Mann der Stunde wird der Österreicher Oliver Glasner gefeiert, der Pep Guardiola endgültig eine titellose Saison beschert.
London. Der englische Football Association Cup (FA Cup) ist der älteste Fußballwettbewerb der Welt. Er wird seit der Saison 1871/72 ausgetragen, seit 153 Jahren. Mehr Tradition geht nicht im modernen Fußball. Gleichzeitig handelt es sich um den größten rundenbasierten Pokalwettbewerb, denn am FA Cup nehmen über 700 Teams teil, wobei die prominenten Profivereine natürlich erst einsteigen, wenn sich die unterklassigen und regional spielenden Mannschaften bereits in Vorrunden dezimiert haben.
Der erste Titelträger im Jahr 1872 hieß Wanderers FC aus London-Battersea – der Verein wurde bereits 1887 aufgelöst. Der Rekordchampion trägt freilich einen prominenteren Namen, die diesbezüglich Rangliste führt der FC Arsenal mit 14 FA Cup-Siegen an, gefolgt von Manchester United (13), Chelsea und Liverpool (jeweils acht). OK, das ist alles Spezialwissen, mit dem man potenziell in einer TV-Quizshow oder in einer Sportbar glänzen kann, aber wozu hier?
Um die fußballhistorische Tragweite zu unterstreichen: Denn am vergangenen Samstag gewann mit Oliver Glasner erstmals ein österreichischer Trainer den FA Cup – und dies auf sensationelle Weise mit dem Underdog Crystal Palace. Nach Siegen über unterklassige Gegner sowie die Erstligisten Fulham und Aston Villa qualifizierten sich Glasners Team für das Endspiel im Londoner Wembley-Stadion, das vor 85.000 Zuschauern stattfand. In diesem Finale war der Kontrahent allerdings niemand geringerer als Manchester City, gecoacht von Pep Guardiola, mit Spielern wie Haaland, De Bruyne, Foden, Grealish, Gündogan oder Akanji. Da hat Palace freilich nicht den Hauch einer Chance. Möchte man meinen.
Doch die “Eagles” aus dem Süden Londons, die seit ihrer Gründung 1905 in 120 Jahren noch keinen einzigen relevanten Titel gewonnen haben und tedenziell als “Fahrstuhlmannschaft” gelten, wuchsen über sich hinaus. Nach zwei Finalniederlagen im FA Cup (1990 und 2016) holte man diesmal endlich den ersten Titel der Vereinsgeschichte. Eberechi Eze schoss während Citys Anfangsoffensive nach einem mustergütigen Gegenstoß das 1:0, das Guardiolas “Citizens” nicht mehr aufholen konnten, trotz zahlreicher Chancen, trotz eines Elfmeters, den Marmoush vergab, trotz einer Nachspielzeit von zehn Minuten. Palace hielt stand, mit einer starken Abwehr und einem glänzenden Torhüter Henderson.
Es handelt sich um eine der größeren Sensationen der jüngeren englischen Fußballgeschichte, im FA Cup um die größe Überraschung seit dem Sieg von Wigan Athletic in der Saison 2012/13. Zwei Parallelen gibt es: Auch damals hieß der leidtragende Favorit Manchester City, auch damals war mit Nationalspieler Paul Scharner ein Österreicher auf der Siegerseite beteiligt.
Für Palace-Coach Oliver Glasner, lange Jahre Abwehrchef bei der SV Ried, ist es ein gewiss einzigartiger Titel – sein Platz in den Geschichtsbücher des Vereins ist im sicher. Er hat vor 15 Monaten die Mannschaft als Trainer von Legende Roy Hodgson als Abstiegskandidaten übernommen und seiter im Mittelfeld stabilisiert, mit Tendenz nach oben. Der Sieg im FA Cup ist hierbei nun der vorläufige Höhepunkt.
Es könnte aber auch schon wieder der letzt gewesen sein, denn ein Erfolgstrainer wie Glasner – er hat bereits 2022 mit Eintracht Frankfurt die Europa League gewonnen – gerät natürlich ins Visier größerer, finanzkräftiger Vereine. Sowohl in der englischen Premier League als auch in der Deutschen Bundesliga sind bzw. werden mit Saisonende einige prominente Trainerposten frei, für die er in Frage kommt. Der 50-jährige Salzburger könnte freilich auch die durch den FA Cup-Triumph ermöglichte Europa League-Saison mit Palace in Angriff nehmen – Voraussetzung dafür wäre wohl, dass wichtige Spieler bleiben und in die eine oder andere Verstärkung investiert wird.
Quelle: Der Standard