HomeInternationalesCommerzbank zwischen Unabhängigkeit und Übernahme: Stellenabbau steht an

Commerzbank zwischen Unabhängigkeit und Übernahme: Stellenabbau steht an

Die Commerzbank plant Stellenstreichungen und eine neue Strategie, um sich gegen eine Übernahme durch UniCredit zu wehren und ihre Investoren von ihrer Eigenständigkeit zu überzeugen. Trotz Ablehnung durch das Management gibt es jedoch auch Befürworter für Fusionsgespräche.

Frankfurt. Die deutsche Commerzbank bereitet Stellenstreichungen und überarbeitete Finanzziele vor, um sich gegen die Annäherungsversuche der italienischen UniCredit zu wehren. Eine Übernahme der deutschen Bank, deren Aktienkurs seit UniCredits erstem Interesse um 50 Prozent gestiegen ist, könnte dabei möglicherweise schwer zu verhindern sein.

Die Stellenstreichungen werden sich auf mehrere tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter belaufen, so einige Quellen, während andere von 3.000 bis 4.000 betroffenen Beschäftigten ausgehen – bei einer Gesamtbelegschaft von etwa 42.000 Angestellten. Der Aufsichtsrat der Commerzbank beriet am Mittwoch in einer ganztägigen Sitzung mit dem Management über die Kostensenkungen und die neuen Ziele, bevor die Bank am Donnerstag ihre neue Strategie der Öffentlichkeit präsentiert.

CEO pocht auf Unabhängigkeit

Seit Monaten arbeitet das Management der Commerzbank unter der Führung von CEO Bettina Orlopp an einer Strategieaktualisierung, die laut ihr das „erhebliche Wertpotenzial“ von Deutschlands zweitgrößter Bank aufzeigen soll. Die für Donnerstag geplante Ankündigung soll einen bedeutenden Moment in den Bemühungen der Bank markieren, ihre Investoren davon zu überzeugen, dass sie als unabhängiges Unternehmen erfolgreich sein kann.

Andrea Orcel, CEO von UniCredit, schockierte Deutschlands Unternehmens- und Politikelite im vergangenen Jahr, als seine italienische Bank – ebenfalls die Nummer zwei seines Landes – einen erheblichen Anteil an der Commerzbank erwarb und damit die bislang ambitionierteste grenzüberschreitende Bankenfusion in Europa vorantrieb.

Der derzeitige Strategieplan der Bank bis 2027 wurde erstmals 2023 veröffentlicht. Im vergangenen September, wenige Wochen nachdem UniCredit ihr Interesse öffentlich gemacht hatte, verschärfte die Commerzbank einige ihrer Ziele.

Die Stellenstreichungen, die Hunderte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Vorruhestand schicken könnten, sollen dazu beitragen, die verbleibenden Beschäftigten dazu zu bringen, Einschnitte in Kauf zu nehmen, um möglicherweise noch drastischere Kürzungen unter UniCredit zu vermeiden, so der Tenor.

Übernahme wird zum Politikum

Orcel, der schon lange eine Fusion mit der Commerzbank ins Auge fasst, hat erklärt, dass eine Kombination der beiden Banken die beste Lösung wäre, schließt aber einen Rückzug nicht aus. Das Management der Commerzbank, ihre Angestellten und Bundeskanzler Olaf Scholz haben sich allesamt gegen eine mögliche Übernahme ausgesprochen. Allerdings befürworten mindestens ein Großinvestor und einige Wirtschaftsführer diesbezügliche Gespräche. Boris Rhein, Ministerpräsident des Commerzbank-Heimatbundeslandes Hessen, forderte UniCredit jedoch am Montag auf einer Versammlung der deutschen Finanzelite zum Rückzug auf: „Niemand will, was Sie tun. Ziehen Sie sich zurück!“, sagte Rhein.

Unabhängig von nationalen Ressentiments und der politischen Debatte um eine mögliche Übernahme sollte der Fokus auf den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern liegen, die dabei völlig vergessen werden. Tausende Menschen stehen vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes – ihre Zukunft und soziale Sicherheit müssen in den Vordergrund rücken, statt bloßer Standort- oder Machtfragen.

Quelle: Reuters

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