Austin. In allen 254 Landkreisen (counties) des US-Bundesstaates Texas herrscht seit Anfang der Woche ein arktischer Sturm, welcher das normale Leben der hiesigen Bevölkerung praktisch über Nacht stillgelegt hat – ein sogenannter „Cold Snap“, wie US-Medien den ungewöhnlichen Wintersturm bezeichnen. Laut der zentralen Wetterbehörde NWS werden etwa in der texanischen Metropole Dallas kältere Temperaturen gemessen als in Anchorage, der Hauptstadt Alaskas. Als Folge des unerwarteten Wetterumschwungs, so berichten mehrere US-Nachrichtendienste sowie die zuständigen Behörden, ist die Stromversorgung quasi kollabiert. Selbst dort, wo die Stromversorgung wieder stabilisiert werden konnte, arbeitet man mit rotierenden Stromausfällen in den Landkreisen, um das texanische Stromnetz nicht zu sehr zu beanspruchen. Davon betroffen sind auch Ampeln und Straßenlichter.
Pikant dabei: Der rechtsextreme Senator und Trump-Loyalist Ted Cruz, der Texas im US-Senat vertritt, wurde dabei erwischt, wie er inmitten der Krise einen Familienausflug in ein Luxushotel im sonnigen Cancún (Mexiko) antrat, um in gehobener Gesellschaft zu feiern.
Das Volk zahlt die Zeche
Knapp zwölf Millionen Menschen leiden in Folge an der unterbrochenen Strom- und Wasserzufuhr, da Leitungen zugefroren sind bzw. Strommasten versagen. Mindestens 38 Menschen sind gestorben. Die zuständigen Behörden haben die Menschen angewiesen, das Leitungswasser zu erhitzen, bevor man es konsumiert, da derzeit die Sauberkeit nicht garantiert werden kann. In vielen Berichten sieht man, wie Menschen Hamsterkäufe tätigen oder vor ihren Häusern mit Brennholz kochen müssen. Zuvor hatte es nicht wenige Fälle an Kohlenmonoxid-Vergiftungen gegeben, nachdem Menschen im Inneren versucht hatten, mit Gaskochern oder ähnlichem zu heizen. Da das öffentliche Verkehrssystem in Texas kaum ausgebaut und hauptsächlich von privaten Anbietern betrieben wird, die ähnlich wie die privaten Firmen in der Strom- und Wasserversorgung kaum in Wartung und Instandhaltung investieren, sind etliche Menschen praktisch in ihren Wohnorten isoliert ohne eine Möglichkeit, an sauberes Trinkwasser und Lebensmittel zu gelangen. Diese Krise trifft die texanische Bevölkerung schwer, denn nicht zuletzt ist die gescheiterte Corona-Politik des republikanisch regierten Bundesstaates für hohe Todes- sowie Arbeitslosenzahlen verantwortlich, was viele Familien ins soziale Elend gestürzt hat.
Hinzu kommt noch die Sorge vor horrenden Stromkosten, in einem Bundesstaat, in dem essentielle Bereiche des Lebens nicht nur von konkurrierenden Firmen beherrscht werden, sondern diese quasi ohne jegliche staatliche Regulierungen den Menschen das Geld auspressen. So werden viele Menschen, die derzeit mehr heizen als sonst – sollte die Energiekrise bald gelöst sein – selbstverständlich die Zeche zahlen, wie so oft ohne jegliche Kulanz von staatlicher Seite, geschweige denn den Kapitalisten, welche die aktuelle Krise ausnutzen, um sich zu bereichern.
Marode Infrastruktur und privatisierte Stromversorgung
In vielerlei Hinsicht beweist die aktuelle Krise, wie der kapitalistische Staat und seine dazugehörige, marktbasierte Wirtschaftsform in Wahrheit nur Profite für einige wenige Konzernbesitzer produziert, während die Masse des Volkes für ihre funktionalen Schwächen aufkommen muss – besonders und vor allem in einer Krisensituation, für die die Monopole im Energiesektor verantwortlich sind. Nicht anders ist zu erklären, wie im Energiegiganten Texas, der doppelt so viel Strom wie Florida produziert und das Rückgrat des US-amerikanischen Energiesektors darstellt, wie ein Kartenhaus zusammenfällt.
Das texanische Stromnetz ist eine sprichwörtliche Insel: Sie wurde bewusst vom bundesweiten Stromnetz abgekoppelt und dezentral organisiert, wodurch die involvierten Konzerne den Markt besser unter sich aufteilen und dadurch dominieren können, und ist bekannt dafür, dass kaum in nachhaltige, verlässliche Infrastruktur investiert wird, nicht zuletzt um im Konkurrenzkampf mit anderen Konzernen „kosteneffizient“ zu arbeiten. Diese kapitalistische Kosten-Nutzen-Logik erweist sich als ein Desaster. Während aber die Demokraten neben dem üblichen politischen Hickhack vor allem auf den Ausbau des grünen Sektors setzen wollen, zeigte sich schon 2011, dass der Südwesten der USA auf Extremwetter nicht vorbereitet ist, weil die Firmen nicht in die Infrastruktur investieren.
Quelle: Democracy now/Washington Post/Star Telegram/