Am 80. Jahrestag der Befreiung formieren sich in Italien kommunistische und antifaschistische Gruppen zu einem friedlichen Protest gegen Militarisierung und Geschichtsverdrehung – und geraten dabei ins Visier der Polizei. Ein Rückblick auf einen 25. April zwischen Gedenken und Gegenwartskampf.
Rom. Zum 80. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Naziherrschaft meldeten sich auch in diesem Jahr die Kommunistinnen und Kommunisten des Fronte della Gioventù Comunista (FGC) und des Fronte Comunista mit einem klaren Standpunkt zu Wort. Sie sehen den 25. April in akuter Gefahr, seiner historischen Bedeutung beraubt und für politische Zwecke vereinnahmt zu werden – und riefen deshalb unter dem Slogan „Partigiani della Pace“ (Partisaninnen und Partisanen des Friedens) zur Teilnahme an den Demonstrationen auf.
In ihrer Stellungnahme zeichnen sie das düstere Bild der aktuellen geopolitischen Lage nach: „Die Situation in der Welt steht vor dem Abgrund. Die Gefahr eines umfassenden imperialistischen Krieges wird immer konkreter.“ Die imperialistischen Spannungen zwischen den Großmächten – sichtbar etwa im Krieg in der Ukraine oder den aktuellen Massakern im Nahen Osten – werden zunehmend mit militärischen Mitteln ausgetragen.
„Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“, heißt es weiter, und erstmals seit Jahrzehnten wird diese Option von Regierungen und internationalen Institutionen wieder offen auf den Tisch gelegt – „die Kosten sollen die Völker und die Arbeiterinnen und Arbeiter zahlen.“
Italien – Lichtjahre vom antifaschistischen Befreiungskampf entfernt
Scharf kritisiert wird die Rolle Italiens, das – so der Vorwurf – „Lichtjahre entfernt ist von dem, wofür unsere Partisaninnen und Partisanen gekämpft haben.“ Besonders empörend wirkt dabei die gezielte Instrumentalisierung des 25. Aprils durch politische Kräfte, die zwar das antifaschistische Erbe beschwören, gleichzeitig aber militaristische und kapitalfreundliche Politik betreiben. „Die Partisaninnen und Partisanen würden sich im Grab umdrehen, wenn sie ein Italien sähen, in dem die Erben des MSI regieren und das Mitte-Links-Lager sie nutzt, um die imperialistischen Pläne des Großkapitals zu stützen, während es ‚Bella Ciao‘ singt.“
Auch inhaltlich wurde an die Geschichte der Resistenza angeknüpft: Bezugspunkt ist hier die Friedensbewegung der späten 1940er- und frühen 1950er-Jahre und die gleichnamige Massenbewegung, die Widerstandskämpferinnen und ‑kämpfer in Italien und ganz Europa mobilisierte: Gegen die Gründung der NATO und gegen den Imperialismus – eine Geschichte, die laut FGC heute „schuldhaft ignoriert“ werde. Das Ziel: Eine klare Gegenposition zur offiziellen Erinnerungspolitik und zur Militarisierung Europas. Deshalb rief der FGC dazu auf, „die Friedensparole ‚Partigiani della Pace‘ auf die Straße zu tragen und den Versuchen entgegenzutreten, den 25. April für die Strategien des Großkapitals und der Kriegstreiber umzudeuten.“
Turin: Demonstrierende grundlos angegriffen
Gestern kam es in diesem Zusammenhang zu einem umstrittenen Vorfall in Turin. Während einer Vorab-Kundgebung zum 25. April griff die Polizei überraschend einen Demonstrationsblock an, der sich aus Mitgliedern der FIOM-CGIL, der ANPI, des FGC und des Fronte Comunista zusammensetzte. Laut Augenzeugen und Videomaterial geschah dies ohne Provokation, als einige Aktivistinnen und Aktivisten ein Transparent auf einer leeren Bühne entrollten. Die Reaktion: Schlagstöcke und Tränengas. Offiziell war später von einem „Zusammenstoß mit Antagonisten“ die Rede – eine Darstellung, die von den Betroffenen vehement zurückgewiesen wurde und die auch objektiv gesprochen keinen Sinn macht. „Schaut euch die Videos an“, heißt es in einer Stellungnahme, „ihr seht Gewerkschafter, Professoren und junge Kommunistinnen und Kommunisten, die ohne jeden Grund brutal attackiert werden.“
Die Kritik richtet sich auch gegen die Berichterstattung: Zahlreiche Medien übernahmen die Version der Polizei nahezu wortgleich, während antifaschistische Stimmen in der Öffentlichkeit kaum Gehör fanden. „Nennt uns nicht ‚Antagonisten‘. Wir sind junge Kommunistinnen und Kommunisten – wie viele Partisaninnen und Partisanen es waren“, so die klare Botschaft. Es sei inakzeptabel, dass antifaschistische Symbole angegriffen oder sogar verboten würden, während rechte Narrative salonfähig gemacht würden. „Wer für ein freies Italien gekämpft hat, würde sich im Grab umdrehen, wenn ein Banner des Widerstands im Jahr 2025 von der Polizei eines MSI-Erben-Regimes niedergeknüppelt wird.“
Trotz allem war der gestrige 25. April auch ein Tag der Stärke. In Turin zog u.a. ein gemeinsamer Block aus Metallarbeitern, Gewerkschaftern, Antifaschisten und Kommunisten durch die Stadt – getragen von einem klaren Appell gegen Aufrüstung und Krieg.