Im Nordwesten Südamerikas fanden am vergangenen Sonntag gleich zwei Präsidentschaftswahlen statt – einmal gab es eine herbe Niederlage für die Linke, einmal einen unerwarteten Erfolg.
Quito/Lima. Die Präsidentschaftswahlen in den nördlichen Anden erbrachten am vergangenen Wochenende unterschiedliche Ergebnisse – und beide waren Überraschungen. In Ecuador trug Guillermo Lasso den Sieg davon. Der konservativ-reaktionäre Kandidat und Multimillionär erhielt nach vorläufigen Resultaten 52,5 Prozent der Stimmen in der Stichwahl. In der ersten Runde im Februar dieses Jahres war noch sein linker Gegner Andrés Arauz, der von Ex-Präsident Correa unterstützt wurde, deutlich als Erster durchs Ziel gegangen. Damit bleibt in Ecuador nun alles beim Alten: Seit dem Rechtsschwenk des bisherigen Amtsinhabers Lenín Moreno, der mangels Popularität nicht mehr kandidierte, werden die progressiven Maßnahmen der Correa-Regierung abgewickelt, man kann getrost von einer neoliberalen, asozialen Agenda und einer Annäherung an den US-Imperialismus sprechen – dies wird sich nun unter Lasso, der Mehrheitseigentümer der drittengrößten Bank des Landes ist, zweifellos fortsetzen.
Somit ist das ecuadorianische Ergebnis für die Oligarchie eine gute Nachricht, für die ärmeren Bevölkerungsschichten eine schlechte. Letztere konnten sich jedoch nicht ungeteilt für Arauz erwärmen, wozu auch beitrug, dass der im ersten Wahlgang drittplatzierte, ökologisch-indigene Kandidat Yaku Pérez nicht zur Wahl von Arauz aufrief. Man kann allerdings auch einschätzen, dass die letztlich zaghaften Ergebnisse der im Kern lediglich sozialdemokratischen Correa-Periode offenbar nicht zufriedenstellend sowie von Korruptionsvorwürfen überschattet waren. Gegenüber der Legislative werden es der neue Präsident Lasso und seine Regierung jedoch nicht leicht haben, da Lassos Partei CREO dort nur zwölf Mandate (von 137) hat – die „Union für Hoffnung“ (UNES) von Arauz ist hier mit Abstand stärkste Kraft (49 Sitze), insgesamt gibt es tendenziell eine links-progressive Mehrheit im Parlament Ecuadors.
Linke Überraschung in Peru
In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl im südlichen Nachbarland Peru setzte sich einigermaßen sensationell der linke Kandidat Pedro Castillo mit 16 Prozent der Stimmen an die Spitze. Er erlangte Bekanntheit als Anführer der Lehrergewerkschaft SUTEP, deren radikale Streikbewegung er organisierte. Seine nunmehrige Partei, die den Namen „Freies Peru“ trägt, ist schwer zu fassen, fällt aber wohl unter die Kategorie des angeblichen „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“, der mit Sozialismus im eigentlichen Sinn freilich eher wenig zu tun hat. Somit enthält Castillos Partei wohl soziale, antiimperialistische und antioligarchische Züge, weist aber auch gesellschaftlich konservative Seiten auf. Jedenfalls will man offenbar in Bildung und Gesundheit investieren, was jedenfalls kein Schaden wäre.
Gegenüber dem Gegner in der Stichwahl, die am 6. Juni stattfinden soll, wird Castillo so oder so der progressivere Kandidat sein. Nach bisherigem Auszählungsstand haben noch drei Personen des zersplitterten Feldes Chancen auf das entscheidende Duell gegen Castillo: die beiden rechten Unternehmer Hernando de Soto und Rafael López Aliago sowie Keiko Fujimori, die Tochter von Ex-Diktator Alberto Fujimori. Unbefriedigend verlief die Wahl für das Linksbündnis „Gemeinsam für Peru“, das auch von der Peruanischen Kommunistischen Partei mitgetragen wurde: Die Kandidatin Veronika Mendoza kam auf knapp acht Prozent der Stimmen und verpasst die Stichwahl. Deren Ergebnis ist offen, allerdings dürfte es mathematisch wahrscheinlich sein, dass eine Allianz der rechten und rechtsextremen Kräfte – ungeachtet ihres Kandidaten – eine Präsidentschaft Castillos verhindern könnte.