Die Müttersterblichkeit bleibt weltweit alarmierend hoch: Rund 260.000 Frauen starben laut aktuellen WHO-Zahlen im Jahr 2023 während der Schwangerschaft oder im Zusammenhang mit der Geburt. Besonders betroffen sind Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen – etwa 92 Prozent aller Todesfälle traten dort auf. Viele davon wären vermeidbar gewesen.
Genf. Den größten Anteil an den weltweiten Todesfällen hatten erneut Subsahara-Afrika mit etwa 182.000 und Südasien mit 43.000 Fällen. Trotz dieser Zahlen verzeichneten einige Regionen deutliche Verbesserungen: So gelang es Südasien, die Müttersterblichkeitsrate (MMR) zwischen 2000 und 2023 um 71 Prozent zu senken – von 405 auf 117 pro 100.000 Lebendgeburten. Auch in Osteuropa wurde ein Rückgang um 75 Prozent erreicht. Subsahara-Afrika konnte seine hohe Rate immerhin um 40 Prozent reduzieren.
Kuba als Beispiel für erfolgreiche Gesundheitsstrategien
Ein besonders positives Beispiel im internationalen Vergleich ist Kuba: Dort sank die Müttersterblichkeit 2023 auf 38,7 pro 100.000 Lebendgeburten – ein weiterer Rückgang gegenüber dem Vorjahr (40,9). Möglich wurde dies durch ein stark vernetztes und gut organisiertes Gesundheitssystem, in dem über 400.000 Gesundheitsfachkräfte aktiv sind. Neben technologischem Fortschritt in der Geburtshilfe setzt das kubanische Modell auf präventive Hausbesuche, frühe Risikoerkennung und interdisziplinäre Betreuung – insbesondere im Rahmen des Programms für Mütter und Säuglinge (PAMI).
Trotz schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen verfolgt das Land konsequent das Ziel, die Gesundheit von Müttern und Neugeborenen langfristig zu sichern. Auch die Säuglingssterblichkeit konnte 2023 auf 7,1 pro 1.000 Lebendgeburten gesenkt werden. In zahlreichen Gemeinden wurde kein einziger Todesfall bei Kindern unter einem Jahr registriert. Weitere Erfolge zeigten sich bei der Reduktion angeborener Fehlbildungen sowie bei der Mutter-Kind-Übertragung von HIV.
Österreich mit sehr niedriger Müttersterblichkeit
Österreich zählt laut WHO zu den Ländern mit sehr niedriger Müttersterblichkeit – mit etwa 5 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten. Das entspricht einem internationalen Spitzenwert. Entscheidend für diesen Erfolg sind neben einem dicht ausgebauten Gesundheitsnetz auch gut etablierte Vorsorgeprogramme, eine hohe Rate an Geburten mit professioneller medizinischer Betreuung sowie flächendeckende geburtshilfliche Versorgung durch Fachärztinnen und ‑ärzte sowie Hebammen. Gleichzeitig stellen auch in Österreich soziale Faktoren wie Bildungsgrad oder Migrationshintergrund in bestimmten Gruppen weiterhin Risikofaktoren dar. Einsparungen im Gesundheitsbereich wie die Schließung von Geburtsstationen in ländlichen Krankenhäusern oder gar die Schließung ganzer Krankenhäuser gefährden diese Fortschritte allerdings.
Medizinische Versorgung entscheidet über Leben und Tod
Die WHO macht deutlich, dass der Zugang zu qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung, insbesondere durch geschultes medizinisches Personal während Schwangerschaft und Geburt, über Leben und Tod entscheidet. In einkommensstarken Ländern profitieren rund 99 Prozent aller Geburten von fachlicher Betreuung – in Ländern mit geringem Einkommen sind es lediglich 73 Prozent.
Als Hauptursachen für Müttersterblichkeit nennt die WHO: schwere Blutungen nach der Geburt, Infektionen, Schwangerschaftsbluthochdruck (Präeklampsie), Komplikationen bei der Geburt und unsichere Abtreibungen. Diese seien fast alle behandelbar – vorausgesetzt, die medizinische Versorgung ist vorhanden. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist dabei eklatant: Während in Ländern mit hohem Einkommen nur etwa eine von 7.933 Frauen im Laufe ihres Lebens an den Folgen einer Schwangerschaft stirbt, ist es in Ländern mit niedrigem Einkommen eine von 66.
Besonders hohes Risiko in Konfliktregionen
Zusätzlich verschärft wird die Situation in Konfliktgebieten: 2023 lebten 25 Prozent aller Geburten weltweit in instabilen oder fragilen Staaten – dort ereigneten sich jedoch 61 Prozent aller mütterlichen Todesfälle. Besonders hoch ist das Risiko in bewaffneten Konflikten: Hier liegt die MMR bei erschütternden 504 pro 100.000 Lebendgeburten.
Ziel der Agenda 2030 in weiter Ferne
Nach einem pandemiebedingten Anstieg der Müttersterblichkeit im Jahr 2021 (322.000 Todesfälle weltweit) zeigen die Zahlen für 2022 und 2023 wieder einen leichten Rückgang. Dennoch ist das Ziel der Agenda 2030 – eine globale MMR von unter 70 pro 100.000 Geburten – noch weit entfernt. Derzeit liegt der Wert bei 197. Um das Ziel zu erreichen, müsste die weltweite MMR bis 2030 jährlich um fast 15 Prozent sinken – eine bisher nur selten erreichte Reduktionsrate.
Kapitalismus als Ursache
Die WHO fordert deshalb einen entschlossenen Ausbau der Gesundheitssysteme, insbesondere in gefährdeten Regionen. Die WHO stellt allerdings auch fest, dass neben medizinischen Faktoren auch soziale Ungleichheiten, fehlende Bildung, diskriminierende Geschlechternormen und instabile politische Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle spielen.
Sowohl die mangelhafte medizinische Versorgung als auch Faktoren wie die soziale Ungleichheit, fehlende Bildung, diskriminierende Geschlechternormen und instabile politische Rahmenbedingungen sind ein Ergebnis des Kapitalismus. Eine Gesellschaft, in deren Mittelpunkt der Profit des Einzelnen steht, führt zwangsläufig zu allen von der WHO aufgezählten Faktoren. Einsparungen im Gesundheitswesen in Österreich werden regelmäßig mit Profitabilität begründet und können auch schwerwiegende Konsequenzen für die Gesundheit von Frauen und Müttern haben.