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Italien gewinnt Fußball-EM

Im Finale der Europameisterschaft der Fußballer besiegt Italien in einem spannenden Spiel England im Elfmeterschießen.

London. Die Fußball-EM 2020/21 ging am gestrigen Sonntag mit einem denkbar engen Finalspiel zu Ende: Erst im Elfmeterschießen setzte sich Italien gegen England durch, nachdem es nach 90 und 120 Minuten 1:1 gestanden hatte. Im Mutterland des Fußballs war man mit Heimvorteil der Ansicht, dass es Jahrzehnte nach dem WM-Titel 1966 endlich wieder Zeit für einen großen Triumph sei – und man startete standesgemäß im Londoner Wembley-Stadion: Nach nur 117 Sekunden des Endspiels brachte Luke Shaw die „Three Lions“ mit 1:0 in Front, wobei er von der italienischen Außenverteidigung sträflich allein gelassen worden war. Wie sie letztlich zeigen sollte, war es ironischer Weise diese allzu frühe Führung, die der englischen Spielidee das Genick brechen sollte. Denn das Team von Coach Gareth Southgate legte es in weiterer Folge zu defensiv an: Über 88 Minuten eine knappe Führung zu verteidigen, macht nur dann Sinn, wenn man es über erwartbare Räume und Gegenstöße auf das entscheidende 2:0 anlegt. Dafür standen mit Kane und v.a. Sterling wohl auch die richtigen Spieler auf dem Platz, aber spätestens nach dem Seitenwechsel verlegten sich die Engländer quasi ausschließlich auf rein passive Defensivarbeit, ohne Konterambitionen – die eigenen Stürmer bildeten lediglich die erste Abwehrreihe, und auch dies erst in der eigenen Hälfte des Platzes.

Frühe Führung für England, Entscheidung im Elferschießen

Dies ergab optisch und statistisch einen fast schon abstrusen italienischen Ballbesitz, wenngleich die Offensive der Squadra Azzura auch lange Zeit wenig zwingende Chancen vorfand. Und so musste es bei den Italienern wieder mal die legendäre Juve-Innenverteidigung Chiellini und Bonucci richten: Nach einem Eckball rutsche ersterer noch vorbei, doch via Pickford und Stange landete der Ball vor Leonardo Bonucci, der sich gegen zwei englische Verteidiger durchtankte und das Spielgerät aus kurzer Distanz ins Tor beförderte: 1:1, alles wieder offen nach 67 Minuten. Bis zum Ende der regulären Spielzeit blieb Italien am Drücker, nicht blindlings, aber doch ein wenig vehementer als die Engländer suchte man die Entscheidung nach 90 Minuten – dazu kam es nicht. Auch in der Verlängerung gab es zwar die eine oder andere Strafraumszene (auf beiden Seiten), doch Treffer konnten keine mehr erzielt werden, weswegen erstmals seit 1976 (BRD unterliegt CSSR, feat. Panenka) ein EM-Finale wieder im Elfmeterschießen entschieden werden musste. Southgate – der Inbegriff des englischen Penalty-Traumes – brachte nur Sekunden vor dem Abpfiff noch Sancho und Rashford, die auch prompt als Schützen nominiert wurden. Das Elfmeterschießen schien zunächst in Richtung „Three Lions“ zu laufen, als mit Belotti der zweite Italiener scheiterte. Doch nach Kane und Maguire konnte kein Engländer mehr den italienischen Schlussmann Gianluigi Donnarumma überwinden. Während Bonucci und Bernadeschi trafen, vergaben Rashford und Sancho ihre Versuche. Damit hatte Jorginho bereits die Entscheidung am Fuß, doch Pickford lenkte den Ball an die Stange. Somit musste der erst 19-jährige Bukayo Saka unbedingt Donnarumma bezwingen, um den Engländern nochmals den Gleichstand zu bescheren, aber der italienische Torhüter, der als bester Spieler ausgezeichnet wurde, erriet die Ecke und wehrte ab – damit stand Italien als neuer Europameister fest.

Die Enttäuschung bei den Engländern war groß: Das Wembley-Stadion leerte sich binnen Minuten, weswegen die meisten einheimischen Fans nicht mehr anwesend waren, als ihr Team – etwas unsportlich – die Verleihung der Silbermedaille unwillig konterkarierte. Den Italienern war’s egal: Trainer Roberto Mancini, der nach einem im Viertelfinale erlittenen Achillessehnenriss auf Krücken humpelnde Spinazzola und der Rest der Azzuri nahmen die Goldmedaillen und den Pokal entgegen und feierten mit den italienischen Fans ausgelassen.

EM-Turnier mit verdientem Sieger und Überraschungen

Unterm Strich ist Italien ein überaus verdienter Europameister. Das Team hat seit über 30 Spielen nicht mehr verloren und bis zum Achtelfinale auch über 1.000 Minuten kein Gegentor erhalten. Trotzdem war man nur einer unter mehreren Favoriten, Weltmeister Frankreich, der Weltranglistenführende Belgien und England wurden vor dem Turnier höher gehandelt, auch Titelverteidiger Portugal und Spanien galten als nicht chancenlos. Doch die Italiener zeigten schon im Eröffnungsspiel gegen die Türkei (3:0), dass sie Titelansprüche stellten. Die weitere Gruppenphase gegen die Schweiz und Wales gestaltete sich souverän, wodurch erst der Achtelfinalgegner Österreich zum ersten echten Prüfstein wurde (2:1 nach Verlängerung). Danach wurde es nicht einfacher: Belgien (2:1) und Spanien (4:2 i.E.) waren starke Gegner, auf der anderen Seite des Turnierrasters hatte es England faktisch ein wenig einfacher mit den Gegnern BRD, Ukraine und Dänemark. Insofern gab es ein Finale, das sich bald einigermaßen angekündigt hatte – und mit einem verdienten und z.T. begeisternden Sieger.

Insgesamt wartete das EM-Turnier mit viel Papierform, aber auch einigen Überraschungen auf: Nach der Gruppenphase waren – mit Ausnahme Polens – die nominellen Topteams aus allen Gruppen in die K.O.-Phase aufgestiegen. Dort scheiterten mit Portugal (Europameister 2016), den Niederlanden und Vizeweltmeister Kroatien bereits namhafte Teams, auch die BRD, die beim Abschied von Bundestrainer Löw enttäuschte. Die DFB-Elf gehörte neben der nicht konkurrenzfähigen Türkei gewiss zu den negativen Überraschungen der EM, wenngleich sich das miserable Abschneiden eigentlich angedeutet hatte. Die Top-Sensation des Turniers war sicherlich die Schweiz, die nach mäßiger Gruppenphase im Achtelfinale Frankreich eliminierte und das Semifinale erst im Elferschießen verpasste. Auch Tschechien konnte überraschend lange im Turnier verbleiben, andere Underdogs zeigten punktuell gute Leistungen, wenngleich sie insgesamt unbelohnt blieben (z.B. Finnland oder Ungarn). Und dann war da noch Dänemark: Im ersten Spiel demoralisiert durch den Herzstillstand von Christian Eriksen auf dem Platz, doch dann immer besser – es brauchte im Semifinale kurz vor Ende der Verlängerung schon einen fragwürdigen Elferpfiff für England, um einen abermaligen dänischen Vorstoß ins Endspiel nach dem EM-Titel 1992 zu unterbinden.

Guter Auftritt des ÖFB-Teams

Für Österreich kann das EM-Turnier als erfolgreich eingeordnet werden. In der Gruppenphase gab es zwei Siege (Nordmazedonien, Ukraine) und eine Niederlage gegen die Niederlande, die quasi einkalkuliert war – damit stieg die ÖFB-Elf sogar als bester Gruppenzweiter ins Achtelfinale auf. Dass man dort ausgerechnet auf den späteren Europameister Italien traf, war eine etwas unglückliche Auslosung, doch auch hier verlangte die Mannschaft von Franco Foda den Azzuri alles ab und verlor erst in der Verlängerung (1:2). Damit erreichte Österreich statistisch sein bestes EM-Ergebnis, nachdem sowohl 2008 als auch 2016 bereits in der Gruppenphase Endstation gewesen war. Den Vorläuferbewerb, den im Meisterschaftsmodus ausgetragenen Europapokal der Nationalmannschaften, hat Österreich 1932 allerdings sogar gewonnen.

Die nächste Europameisterschaft wird 2024 in der BRD durchgeführt. Davor steigt noch im kommenden Jahr die EM der Frauen in England, wo Österreich ebenfalls qualifiziert ist. Für die Männer geht es Anfang September nun in der WM-Qualifikation weiter, im Dezember 2022 soll die umstrittene Endrunde in Katar stattfinden.

Quelle: ORF

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