Ein 29-Jähriger schloss sich bei einem Blauhelmeinsatz in der Ukraine einer faschistischen Gruppierung an und folterte im Rausch mehrere Tage lang einen Gefangenen. Er wurde zu zweieinhalb Jahren auf Bewährung verurteilt.
Feldkirch. Von österreichischen Kriegsverbrechern liest man äußerst selten, zum größten Teil geht es dabei um Verbrechen, die Österreicher im Faschismus begangen haben und dabei vor allem im Zuge ihrer Beteiligung am Holocaust. Die Blauhelmeinsätze von österreichischen Soldaten in Syrien oder der Ukraine werden in Schweigen gehüllt, niemandem käme es in den Sinn, mehr als nötig nachzuforschen. Die Verbrecher müssen schon selbst gestehen, damit die Wahrheit ans Licht kommt. Ein solches Geständnis, das an sich eine Seltenheit darstellt, wurde am Mittwoch in Feldkirch ausgesprochen. Es geht um einen 29-jährigen Kleinwalsertaler, der sich im Ukraineeinsatz als Mittäter einer grausamen Misshandlung eines vermeintlichen Separatisten schuldig gemacht hat.
Die tragische Ironie der Geschichte gleich vorweg: Gegen den Kleinwalsertaler wurde schon vor einigen Jahren gerade wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen ermittelt, doch die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen offenbar zu früh eingestellt.
Schulter an Schulter mit ukrainischen Faschisten
In der Ukraine schloss sich der Angeklagte einer rechtsradikalen Gruppierung an und schikanierte die schutzlose Zivilbevölkerung im Donbass. Wo genau er die Tat verübte, geht aus den Medien nicht hervor. Es spielte sich jedoch in einer ukrainischen Kaserne im Jahr 2015 ab.
Dort sei ein Mann vorbeigegangen, der sich über die Kaserne bzw. über die dort stationierten Soldaten aufgeregt haben soll. Er soll sie dabei auch beschimpft haben, doch es handelt sich dabei um Angaben der Täterseite. Er wurde sofort festgenommen und sein Handy konfisziert. Auf dem Handy fand man wohl ein Foto, das den Mann vor einem separatistischen Panzer stehend zeigte. Grund genug für die faschistoiden ukrainischen Soldaten, ihn als Kämpfer für die Separatisten zu verdächtigen. Daraufhin wollten sie unter allen Umständen das Passwort für seinen Social-Media-Account herausfinden, um weitere Beweise für seine Involvierung im Kampf zu finden. Um das Passwort aus ihm herauszupressen, wurde er drei Tage lang in eine Duschkabine gesteckt und gefoltert. Er wurde jeden Tag geschlagen und getreten, die Soldaten stachelten sich im Rausch gegenseitig an, immer weiter zuzuschlagen. Diese Folter wurde teilweise auch mit dem Handy aufgenommen. Der Vorarlberger war bei der Folter dabei und schlug auf den armen Mann ein, gibt aber an, unter Drogen- und Alkoholeinfluss gestanden zu sein.
Verstörende Einblicke in den Alltag bewaffneter Männer
Der Prozess gewährte verstörende Einblicke in den Alltag des Kriegseinsatzes in der Ukraine und im Donbass, der darauf abzielte, den Kampf jener Menschen in Donezk und Lugansk, die es gewagt hatten, mit den verrücktgewordenen und oligarchischen Machthabern in der Ukraine zu brechen, im Keim zu ersticken. Soldaten aus Österreich waren mit dabei, sie sprechen nur nicht darüber.
Alkohol und stärkere Drogen waren integrativer Bestandteil der Einsätze. In gegenseitiger Motivation wurde der Blutrausch gesteigert, man konnte ja ohne weiteres über das Leben anderer verfügen. Im Prozess kam heraus, dass ein Soldat beispielsweise im Suff beim Herabsteigen einer Treppe heruntergefallen sei, wobei seine Handgranate losging. Zum Glück tötete er bei dieser Aktion nur sich selbst. Regelmäßig habe man sich außerdem auf den Feldern der dortigen schutzlosen Bauern „Wettrennen“ mit Panzern geliefert, um sie zu „ärgern“, oder anders ausgedrückt, um ihnen ihre einzige Lebensgrundlage zunichtezumachen. Kriegsberichterstatterinnen und Kriegsberichterstatter haben eine andere Geschichte über die ukrainische Soldateska erzählt, als es die bürgerlichen Medien zugelassen hätten. Die Wahrheit kommt vielleicht mit der Zeit ans Licht, die Gräueltaten sind in der Tat zu schwerwiegend, als dass sie ein Leben lang von den Tätern verschwiegen werden könnten. Natürlich wäre es nicht schlecht, wenn die Aufdeckung der Verbrechen nicht allein vom Gutdünken der Täter selbst abhinge.
Auf Bewährung
Ein reumütiges Geständnis lohnt sich immer. Man kann sich damit von der Last befreien und nach außen ein gepflegtes Selbstbild erstellen, ein neues Leben beginnen. Gefängnisstrafen für Kriegsverbrechen sind im Grunde vorgesehen, aber es gibt immer mildernde Umstände, auf die man pochen kann.
Der Angeklagte hat nach eigenen Angaben einen neuen Lebensweg eingeschlagen, lebt in der Schweiz und hat Familie. Dem Opfer der damaligen Folteraktion will er, eigenen Angaben nach, Geld als Entschädigung für die eigene Niedertracht zukommen lassen. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren auf Bewährung verurteilt, auch wenn das Mindeststrafmaß für solche Vergehen mindestens fünf Jahre beträgt. Aber der Angeklagte habe, dem Richter zufolge, bei der Tat nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Der Staatsanwalt hat das Urteil indes noch nicht bestätigt und es ist noch nicht rechtskräftig.
Quelle: ORF