Seit dem AKW-Super-GAU von Fukushima 2011 müssen die Reaktoren weiter mit Wasser gekühlt werden. Das anfallende radioaktiv verseuchte Abwasser wird nun in den Pazifik geleitet – Millionen Tonnen in den nächsten 30 Jahren.
Tokio. Die japanische Regierung hat angekündigt, ab dieser Woche Kühlwasser aus der AKW-Ruine von Fukushima im Pazifischen Ozean zu entsorgen. Im März 2011 war es infolge eines Erdbebens und einer Flutwelle in drei von vier Reaktorblöcken zur Kernschmelze gekommen. Seither ist das Kraftwerk im Prinzip außer Betrieb, doch die Reaktoren müssen weiterhin mit immer neuem Wasser gekühlt werden. Für das Abwasser gehen nun die Lagerkapazitäten am Gelände zur Neige – und der verantwortliche Tepco-Konzern sowie die Regierung in Tokio betrachten das Meer als zweckmäßigen Entsorgungsort.
Das evidente Problem ist, dass das Wasser natürlich radioaktives Material enthält, nämlich das überschwere Wasserstoffisotop Tritium – und dieses können die Filter- und Aufbereitungsanlagen nicht aufhalten: Es strömt ungehindert in den Pazifik. Allein im nächsten halben Jahr sollen 31.200 Tonnen des radioaktiv verseuchten Wassers über einen Entsorgungstunnel ins Meer geleitet werden, und ein Ende ist ohne tatsächliche Stilllegung der Reaktoren von Fukushima nicht in Sicht. In den kommenden 30 Jahren rechnet Tepco mit 1,3 Millionen Tonnen Abwasser, das man bei Fukushima hinausspülen muss. Was die Gefährlichkeit betrifft, setzt man auf Verdünnung, damit die Tritiumkonzentration wenigstens auf 1.500 Becquerel pro Liter sinkt.
Das genügt zwar der Atomaufsichtsbehörde, aber japanische Umweltschutzorganisationen und der Fischereiverband haben Bedenken und befürchten ungeahnte Folgen, die nicht ausreichend eingeschätzt werden können. Auch die Anrainerstaaten China und Russland wandten sich gegen die japanischen Pläne, über Jahrzehnte Millionen Tonnen radioaktiven Abwassers in den Pazifik zu pumpen. Davon will man in Tokio aber nichts hören.
Tatsächlich scheint die japanische Regierung die verheerende Katastrophe von Fukushima bereits vergessen zu haben: Der zwischenzeitliche Atomausstieg wurde verworfen, die Laufzeit bestehender AKWs auf 60 Jahre verlängert und sogar der Bau neuer Reaktoren angekündigt.
Quelle: Der Standard