Mit einem nächtlichen Dekret hat der türkische Präsident Erdoğan den Streik der Metallarbeiter verboten, der unter dem Dach der Gewerkschaft Birleşik Metal-İş begonnen hatte. Die Regierung begründete das Verbot wie üblich mit „Gefährdung der nationalen Sicherheit“. Doch die Arbeiter und ihre Gewerkschaft kündigten an, den Kampf unbeirrt fortzusetzen.
Streikverbot per Dekret
Am 4. Dezember begannen rund 2.000 Metallarbeiter an Standorten von Hitachi, Schneider und General Electric mit Streiks, um gegen die unzureichenden Lohnangebote der Arbeitgebervereinigung MESS zu protestieren. MESS bot eine Lohnerhöhung von 40 Prozent – weniger als die offizielle Jahresinflation von 47 Prozent. Die Gewerkschaft forderte hingegen eine Erhöhung um 125 Prozent, um die Reallohnverluste der letzten Jahre auszugleichen.
Nachdem sich die Streikwelle ausweitete und weitere Betriebe wie Arıtaş Kriyojenik und Green Transfo Energy Streiktermine ankündigten, reagierte die Regierung schnell: In einem präsidialen Dekret vom 13. Dezember wurde der Streik für 60 Tage „aufgeschoben“, was de facto einem Verbot gleichkommt.
Das Dekret stützt sich auf Artikel 63 des türkischen Gesetzes zu Gewerkschaften und Kollektivverträgen. Angeblich gefährde der Arbeitskampf die „nationale Sicherheit“. Die betroffenen Betriebe produzieren jedoch vor allem für den Export, was diese Begründung ad absurdum führt.
Widerstand der Arbeiter und Gewerkschaften
Die Metallarbeiter-Gewerkschaft Birleşik Metal-İş, die dem Gewerkschaftsdachverband DİSK angehört, erklärte unmittelbar nach der Veröffentlichung des Verbots: „Das ist kein Aufschub, sondern ein Verbot. Wir erkennen dieses Verbot nicht an.“ Die Gewerkschaft bezieht sich auf ein früheres Urteil des türkischen Verfassungsgerichts, das Streikverbote als verfassungswidrig bezeichnete.
Auch die Kommunistische Partei der Türkei (TKP) verurteilte das Verbot scharf. In einer Erklärung der Partei hieß es: „Die AKP macht keinen Hehl daraus, dass sie die Interessen der Kapitalisten zur ‚nationalen Sicherheit‘ erklärt. Streikverbote sind ein Ausdruck ihrer Schwäche. Unsere Partei wird den Kampf gegen dieses Verbot fortsetzen und Seite an Seite mit den Metallarbeitern stehen. Die Arbeiterklasse wird gewinnen!“
Geschichte der Streikverbote
Die AKP-Regierung hat seit ihrer Machtübernahme 2003 insgesamt 19 Streikverbote verhängt, die über 195.000 Arbeiter direkt betroffen haben. Besonders Streiks in Schlüsselindustrien wie Metall und Glas wurden immer wieder unter Verweis auf angebliche „nationale Sicherheitsinteressen“ verboten.
Trotz der Verbote setzten Arbeiter in der Vergangenheit häufig ihre Streiks fort und erzielten teilweise Erfolge. Ein Beispiel ist der Streik bei Bekaert im Jahr 2022, der trotz Verbot zu Lohnerhöhungen führte.
Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung
Die aktuelle Eskalation zeigt einmal mehr die enge Verbindung zwischen der AKP-Regierung und den kapitalistischen Eliten der Türkei. Insbesondere die Arbeitgebervereinigung MESS, die von den größten Konzernen wie dem Koç-Konzern dominiert wird, spielt eine Schlüsselrolle. Die Regierung schützt die Interessen dieser Kapitalgruppen, während sie die Rechte der Arbeiter mit Füßen tritt.
Doch der Widerstand wächst. Gewerkschaften und die TKP fordern die sofortige Rücknahme des Verbots und rufen zur Solidarität mit den streikenden Metallarbeitern auf.
Die Arbeiterklasse der Türkei, die unter stagnierenden Löhnen, steigenden Lebenshaltungskosten und der Repression des Staates leidet, wird ihren Kampf für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen nicht aufgeben.
Wie die Gewerkschaft Birleşik Metal-İş betont: „Wir werden unser verfassungsmäßiges Recht auf Streik nutzen. Dieser Kampf wird fortgesetzt, bis ein gerechter Tarifvertrag unterzeichnet ist.“
Quelle: Sol