HomePanoramaHoney unter Betrugsverdacht – Rabattsuche als Milliardengeschäft

Honey unter Betrugsverdacht – Rabattsuche als Milliardengeschäft

Millionen Menschen nutzen die App „Honey“, um automatisiert Gutscheincodes beim Online-Shopping zu finden und so (angeblich) Rabatte zu erzielen. Doch wie in einer Enthüllung des YouTubers „MegaLag“ hervorgeht, soll Honey seine Nutzerinnen und Nutzer systematisch täuschen und sich durch dubiose Methoden Berechnungsgrundlagen für Provisionen erschleichen. Selbst Influencerinnen, die an der Bewerbung der Rabatt-App mitverdient haben, fühlen sich nun betrogen. Dieser Fall wirft ein grelles Licht auf die immer komplexer werdenden Auswüchse des Kapitalismus und seine intransparenten Praktiken.

Was ist Honey?

Ursprünglich als Browser-Erweiterung entwickelt, soll Honey automatisiert nach Rabattcodes für Online-Shops suchen und diese beim Kaufvorgang anwenden. Die vermeintlich erfolgreiche Geschäftsidee machte Honey derart populär, dass PayPal die App im Jahr 2020 für rund vier Milliarden Dollar übernahm. Das Versprechen: Die Userinnen und User müssen sich nicht mehr selbst um Coupons kümmern, sondern können entspannt die Rabatte genießen.

Betrugsvorwürfe gegen Honey

Doch genau hier setzen die Vorwürfe an: Laut dem verlinkten Video nutzt Honey nicht nur offizielle Gutscheincodes, sondern erfindet angeblich auch Codes oder rechnet reguläre Preisnachlässe von Online-Shops als „eigene Vermittlung“ ab. Honey sieht sich damit folgenden Anschuldigungen ausgesetzt:

  1. Falsche Gutscheincodes: Codes, die gar nicht offiziell existieren, werden zur Provisionsgenerierung eingesetzt.
  2. Übertriebene Ersparnisse: Nutzer*innen wird ein höherer Rabatt suggeriert, als tatsächlich eingelöst wird.
  3. Umleitung des Kaufvorgangs: Käufe werden derart verändert, dass nicht klar ist, ob ein Rabatt tatsächlich von Honey stammt oder ohnehin vom Shop vorgesehen war.

Diese Praxis bringt Honey saftige Vermittlungsprovisionen ein, während die Käufer*innen oft nur einen geringen oder keinen echten Preisvorteil genießen.

Täuschung der Kundinnen und Kunden sowie Werbepartnerinnen und ‑partner

Das perfide System richtet sich nicht nur gegen die Endnutzerinnen und ‑nutzer. Auch Influencerinnen und Influencer sowie Werbepartnerinnen und ‑partner, die Honey beworben haben, sehen sich nun um ihre Einnahmen geprellt. Während viele Influencerinnen davon ausgingen, für jeden vermittelten Honey-Download oder Kaufabschluss fair vergütet zu werden, blieb deren erwartete Provision häufig aus – angeblich, weil Honey die Abrechnung verschleiert oder manipuliert hat.

Damit gerät nicht nur Honey selbst in die Kritik, sondern auch die Strukturen der Online-Werbebranche insgesamt. Großkonzerne wie PayPal nutzen ihre Marktmacht, um Vertragsbedingungen zu diktieren, während Influencerinnen und Influencer, die auf die Deals und Kooperationen mit Werbepartnern angewiesen sind, oft wenig Handhabe haben, ihr Recht durchzusetzen oder einfach belogen werden.

Eine passende Analogie wäre etwa:
Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten als Autoverkäuferin oder ‑verkäufer, beraten Kundinnen oder Kunden ausführlich, organisieren Probefahrten und übernehmen die gesamte Vorarbeit. Kurz vor der Unterschrift tritt dann Ihr Chef an den Tisch, behauptet, er habe das Geschäft eingefädelt und lässt den Vertrag auf seinen Namen abschließen. Sie gehen leer aus, obwohl Sie den Kunden gewonnen haben und der Chef Ihnen versichert, dass es sich „auf lange Sicht“ schon für Sie lohnen werde.

Diese Situation fasst die Honey-Problematik treffend zusammen: Influencerinnen und Influencer sowie Werbetreibende erledigen die Arbeit und erhoffen sich eine Provision – doch wenn der Deal zustande kommt, wird plötzlich auf intransparente Weise gedreht, sodass der Löwenanteil oder sogar die gesamte Provision an andere geht.

Scheinselbstständigkeit und Profitmaximierung

Der Fall Honey wirft ein Schlaglicht auf ein zentrales Problem des Kapitalismus: Selbst „selbstständig“ wirkende Influencerinnen oder Infuencer agieren keineswegs in einem freien Markt, in dem sie ihre eigenen Bedingungen formulieren können. Stattdessen sind sie – wie viele andere vermeintlich unabhängige Werbepartnerinnen und ‑partner – abhängig von mächtigen Plattformen, Apps oder Konzernen mit riesigen Finanzmitteln. Diese Abhängigkeit enttarnt die sogenannte „Scheinselbstständigkeit“, die im Kapitalismus häufig als Tarnmantel herhalten muss, um prekäre Arbeitsverhältnisse und unsichere Einkommenssituationen zu ermöglichen und zu verschleiern.

Honey ist dabei nur ein Beispiel unter vielen. Es verdeutlicht, wie undurchsichtige, mitunter korrupte Methoden zur Profitmaximierung im globalen Markt genutzt werden: Wo Regularien fehlen oder kaum durchgesetzt werden, setzen die Unternehmen immer ausgefeiltere Strategien ein. Wer am geschicktesten – oder skrupellosesten – „optimiert“, gilt häufig als Gewinner.

Wer nicht betrügt, verliert?

Es bleibt abzuwarten, ob Honey und seine Muttergesellschaft PayPal sich zu den Vorwürfen umfassend äußern und wie Kundinnen und Kunden sowie Werbepartnerinnen und ‑partner rechtlich dagegen vorgehen werden. Fest steht jedoch, dass dieser Fall abermals deutlich macht, wie sehr sich der Online-Handel und das Marketing in ein Dickicht von undurchsichtigen Verträgen und Provisionen verwandelt haben. Die Methoden zur Profitmaximierung am Markt sind zunehmend gefinkelter, korrupter und rücksichtsloser geworden – und allzu oft gewinnt, wer am besten betrügt.

In einer Welt, in der Konzerne mit enormem Kapital agieren und die Spielregeln definieren, bleibt für einzelne Influencerinnen, kleine Betriebe und Kundinnen oft nur noch die Zuschauerrolle. Der Fall Honey zeigt, dass die Vision einer „fairen Kooperation“ im Online-Geschäft oft nur ein hohles Versprechen ist – und dass im Kapitalismus schließlich jene am meisten profitieren, die bereit sind, das System rücksichtslos auszunutzen.

Quelle: MegaLag

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