Wien/Linz. Die neu aufgeflammte Diskussion um eine sogenannte „Herdprämie“ zeigt, wie reaktionär die Politik von FPÖ und ÖVP tatsächlich ist. Hinter dem Begriff verbirgt sich eine Zahlung an jene – überwiegend Frauen –, die ihre Kinder zu Hause betreuen, anstatt sie in den Kindergarten zu geben. Nach den vorliegenden Verhandlungsdetails soll diese Prämie in der Höhe der Sozialhilfe (ehemals Mindestsicherung) liegen, was für Paare laut Sozialministerium rund 1.700 Euro pro Monat bedeuten kann.
Trotz schöner Worte wie „familiäre Geborgenheit“ kann die wirkliche Absicht kaum verschleiert werden: FPÖ und ÖVP – federführend vertreten durch Rosa Ecker und Claudia Plakolm – versuchen, die Gesellschaft wieder in die althergebrachten Rollenstrukturen von „Kind, Küche und Kirche“ zu pressen.
Stefan Fink, Wirtschaftsexperte von der Fachhochschule Steyr, kritisiert: „Gerade wenn es um Anreize für Beschäftigung geht, wäre es allgemein wichtig, diese zu erhöhen. Das geht mit dieser Maßnahme aber in eine andere Richtung.“ Anders gesagt: Hier wird ein geldpolitischer Anreiz geschaffen, der Frauen de facto davon abhalten soll, am Arbeitsmarkt teilzuhaben. Das stärkt vor allem das patriarchale Familienmodell und schwächt die ökonomische Unabhängigkeit der Frauen.
Angesichts dieser Kritik echauffiert sich Manfred Haimbuchner (FPÖ) über den Begriff „Herdprämie“, den er als vermeintlich „frauenfeindlich“ anprangert. Er diffamierte die Kritik an der Maßnahme sogar als „links-faschistoid“. „Er ist frauenfeindlich und er ist feindlich gegenüber all jenen Müttern, die sich entschieden haben, in den ersten Lebensjahren Zeit mit ihren Kindern zu verbringen“, so Haimbuchner. Die eigentliche Frauenfeindlichkeit liegt allerdings nicht im Wort, sondern in der Maßnahme selbst: Sie fixiert Frauen im Haus und verhindert langfristige Perspektiven im Erwerbsleben.
Ein ähnlicher Bonus existiert in Oberösterreich bereits seit 2004. Nach mehreren Anhebungen erhalten Familien jetzt 80 Euro pro Monat, also 960 Euro pro Jahr, wenn sie auf Kindergartenplätze verzichten. Das Land Oberösterreich meint, dass dieser Betrag ohnehin zu gering sei, um Frauen von der Arbeit fernzuhalten. Es gehe lediglich um eine „gesellschaftliche Anerkennung der Arbeit zu Hause“.
Tatsächlich könnte man sich fragen, welche „Wahlfreiheit“ es für Frauen gibt, wenn sich das politische System einerseits weigert, flächendeckende Kinderbetreuungsplätze anzubieten, und andererseits mit Prämien lockt, die das Rollenmodell „Frau am Herd – Mann im Beruf“ zementieren. Die Folgen einer derartigen Politik kennen wir ja bereits: geringere Lebenseinkommen, fehlende Pensionsbeiträge und damit steigende Altersarmut für Frauen.
Dass sich die oberösterreichische Wirtschaftskammerpräsidentin Doris Hummer und AMS-Chefin Iris Schmidt zu dieser Farce nicht äußern wollten, spricht auch Bände. Man schweigt lieber, als offen zuzugeben, dass die „Herdprämie“ ökonomischer Schwachsinn ist – insbesondere für Frauen, die ohne gesicherte Existenzgrundlage ohnehin in prekären Verhältnissen landen.
Und natürlich ist dieser Vorschlag auch ein massiver Angriff auf die Rechte der Arbeiterinnen. Wenn Frauen in die Abhängigkeit des Privathaushalts zurückgedrängt werden, geht das nicht nur zulasten ihrer Selbstbestimmung, sondern bedroht auch die kollektive Kraft der arbeitenden Bevölkerung.
Es lässt sich zusammenfassen: Während uns die Politik ihr Vorhaben als „freiwillige Wahl“ verkaufen will, steht in Wahrheit ein reaktionäres Gesellschaftsbild dahinter. Frauen zurück an den Herd, keine Anreize für Erwerbsarbeit, keine umfassende Kinderbetreuung, dafür Geld für traditionelle Familienidylle. Wer etwas anderes will, wird von Haimbuchner und seiner FPÖ als „faschistoid“ beschimpft.
Frauen brauchen keine Prämien, die patriarchale Strukturen stärken und ihre Position auf dem Arbeitsmarkt schwächen. Stattdessen braucht es aber eine umfassende, kostenfreie und hochwertige Kinderbetreuung, damit Frauen nicht länger zwischen Kinder und Beruf abwägen müssen, sondern beide Lebensbereiche selbstbewusst vereinen können.
Quelle: ORF