Wien. Rene Benko, einst Immobilien-Tycoon, Regierungsflüsterer und Liebling der oberen Zehntausend, sitzt weiterhin in Untersuchungshaft. Das Wiener Landesgericht sieht weiterhin dringenden Tatverdacht – und vor allem eine sogenannte „Tatbegehungsgefahr“. Übersetzt: Man traut ihm zu, wieder zu tun, was er offenbar ohnehin für eine Zeitlang als völlig normales Geschäftsgebaren betrachtet hat.
Der Absturz des „Selfmade-Milliardärs“ Benko ist kein Unfall. Er ist die logische Konsequenz eines Wirtschaftssystems, das die Interessen jener vertritt, die mit Milliarden jonglieren, während für Normalverdienende die Wohnung immer kleiner und das Leben immer teurer wurde. Benko war der Posterboy einer neoliberalen Erzählung: Wenn du nur clever genug bist, kannst du mit den richtigen Freunden die Welt besitzen – und zur Not auch noch die Politik gleich mit.
Nun also U‑Haft statt Vorstandsetage. Statt Privatjet: Untersuchungstrakt. Und während die Staatsanwaltschaft von Flucht- und Tatbegehungsgefahr spricht, schweigen sowohl Verteidigung als auch Behörde mit PR-tauglicher Disziplin. Es passt ins Bild: In den Hinterzimmern des großen Geldes spricht man nicht – man regelt.
Über Jahre wurde sein Imperium mit Steuergeschenken, medialer Glanzpolitur und politischer Rückendeckung aufgeblasen. Ein Wirtschaftssystem, das riskante Hochstapeleien als „Vision“ verkauft, hat genau das produziert, was jetzt im Gerichtssaal landet. Der Skandal ist nicht, dass Benko mutmaßlich Straftaten begangen hat. Der Skandal ist, dass er so lange damit durchkam – weil er einer der Ihren war. Reich, vernetzt, unantastbar.
Benko ist der Prototyp des Spätkapitalismus: ein Mann, der Vermögen aus Immobilien extrahierte, während Menschen auf bezahlbaren Wohnraum warten. Einer, der ganze Innenstädte kaufte und entkernte – nicht im Interesse der Allgemeinheit, sondern im Sinne der Rendite. Jetzt, wo sein Kartenhaus einstürzt, versucht man sich von ihm zu distanzieren. Und so zeigt sich derweil auch die Justiz entschlossen. Doch was wirklich dringend wäre, ist nicht nur ein Verfahren gegen einen Einzelnen, sondern eine Anklage gegen das System, das solche Figuren überhaupt erst möglich macht.
Quelle: ORF