Jener Exekutivbeamte, der am Rande einer Kundgebung am 1. Mai einen am Boden Sitzenden getreten hatte, blamierte sich vor dem Verwaltungsgericht mit bizarren Aussagen. Sein brutales Agieren wurde nun als rechtswidrig anerkannt.
Wien. Gewalt-Exzesse von Polizisten führen in den seltensten Fällen zu Konsequenzen. Wie die ZdA berichtete, gab es allein im Jahr 2018 österreichweit über 400 Misshandlungs- und Foltervorwürfe – was letztlich zu exakt drei vorläufigen Suspendierungen führte. Doch nun ist wieder einmal der seltene Fall einer gerichtlichen Verurteilung von Polizeigewalt eingetreten.
Wenig überraschend liegt dies keineswegs an funktionierenden, internen Kontrollmechanismen oder gar dem reuigen Geständnis eines uniformierten Gewalttäters. Vielmehr war es der Polizei trotz offenkundigem Bemühen nicht gelungen, die Amtshandlung komplett von filmenden Handykameras abzuschirmen. Und so flog im Zuge der Maßnahmenbeschwerde rasch auf, wie abstrus das offizielle Polizeiprotokoll zum beanstandeten Vorfall war. Dies berichtete nun der Journalist Michael Bonvalot.
„Angriffs- und Fluchtunfähigkeit des Angehaltenen gewährleisten“
Konkret ging es um die Auflösung einer nicht angezeigten, friedlich verlaufenden Fahrrad-Demo im Prater am 1. Mai dieses Jahres. Einer der Teilnehmer wurde dabei nicht nur von seinem Drahtesel gestoßen, sondern Minuten später auch am Boden sitzend von einem äußerst cholerisch wirkenden Cop getreten und angebrüllt. Oder offizieller Polizeijargon: Ausweiskontrolle.
Denn laut Protokoll habe der Beamte lediglich einen „Beinfeger“ ausgeführt, um die Fluchtunfähigkeit des Angehaltenen zu gewährleisten. Der eher schmächtige, ruhig am Boden sitzende vormalige Radfahrer hätte ja jederzeit etwas Gefährliches aus seiner Tasche holen können, so die Begründung. Bei der späteren Einvernahme vor Gericht sprach der Polizist dann überhaupt nur mehr von einem „Reflex“, er wisse nicht, weshalb er zugetreten habe.
Die zuständige Richterin wollte vom „Tritt-Reflex“ ebenso wenig wissen wie von einer angeblich tumultartigen Gesamtsituation, die lautes Polizisten-Brüllen erfordert hätte – zu eindeutig waren die Videoaufnahmen. Und so wurde das brutale Agieren des Polizisten für rechtswidrig erklärt.
Beschwerde beim Salzamt ähnlich wirkungsvoll
Was jedoch die einzige Konsequenz der Gewalttat sein dürfte. Denn von der erfolgreichen Maßnahmenbeschwerde hat der Geschädigte finanziell nichts – und der „Reflextritt“-Polizist muss nicht einmal die Prozesskosten tragen, das erledigen schon die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Dienstrechtliche Konsequenzen wurden jedenfalls nicht bekannt und sind auch äußerst unwahrscheinlich. Bei solch zahnlosen Rechtsinstrumenten könnten Opfer von Polizeigewalt gleich zum Salzamt gehen, so würde man sich wenigstens das Prozessrisiko ersparen.
Quelle mit Video des Vorfalls: bonvalot.net