HomeFeuilletonGeschichteVor 190 Jahren: Nat Turner wird hingerichtet

Vor 190 Jahren: Nat Turner wird hingerichtet

Im August 1831 führte Nat Turner (1800–1831) einen Sklavenaufstand in Virginia an – im November wurde er dafür von den weißen Sklavenhaltern gehängt.

Am 11. November 1831 wurde Nathaniel „Nat“ Turner in der heutigen Stadt Courtland, Virginia, hingerichtet. Im August desselben Jahres hatte der afroamerikanische Prediger, der selbst von weißen Plantagenbesitzern versklavt war, einen Sklavenaufstand angeführt.

Der am 2. Oktober 1800 geborene Nat Turner wurde gemäß US-Gesetzen als Sklave geboren und verbrachte sein ganzes Leben auf verschiedenen Plantagen in Southampton County im Bundesstaat Virginia. Doch lernte er – was durchaus ungewöhnlich war – auch Lesen und Schreiben, außerdem beglückten ihn seine Sklavenhalter mit der Bibel. Ironischer Weise sollte sich dies als Fehler erweisen: Nat Turner entwickelte einen tiefen christlichen Glauben, empfing vermeintliche Botschaften von Gott und galt unter den anderen Sklaven als „der Prophet“. Auf dieser Grundlage scharte er Anhänger um sich – und nahm eine Sonnenfinsternis im Februar 1831 als göttliches Zeichen, dass er gegen die Sklaverei rebellieren solle.

Am 21. August begann der Aufstand – die „Turner-Rebellion“ – mit lediglich acht Männern, die ihre Sklavenhalter töteten. Doch die Aufständischen erhielten einerseits Zulauf durch freie Afroamerikaner, andererseits zogen die Rebellen von Farm zu Farm, töteten die Besitzer und befreiten die Sklaven, von denen sich wiederum weitere anschlossen – am Höhepunkt der Revolte kommandierte Nat Turner rund 70 Kämpfer. Die Bewaffnung war mäßig, die Männer gingen mit Messern und Äxten gegen die Unterdrücker vor, zumal die (wenigen) erbeuteten Gewehre zu viel Aufsehen erregt hätten. Auf diese Weise gelang es, mindestens 55 Weiße auszuschalten und hunderte Sklaven in Southampton County vorübergehend zu befreien.

Doch die Staatsmiliz von Virginia trat bald auf den Plan und stellte die Aufständischen binnen drei Tagen: Mit überlegener Mannstärke und besseren Waffen, inklusive Artillerie, erfolgte am Vormittag des 23. August 1831 bei der Belmont-Plantage der Entscheidungskampf. Die Rebellen wurden besiegt, der regionale Sklavenaufstand war beendet – und die Weißen rächten sich auf brutale Weise: 160 Afroamerikaner, von denen viele gar nicht am Turner-Aufstand beteiligt waren, wurden massakriert oder gelyncht, nur einzelne wurden der Form halber vor Gericht gestellt und dann getötet. Die Repressionsgesetze gegen Afroamerikaner, ob Sklaven oder nicht (mehr), wurden in Virginia in weiterer Folge noch verstärkt.

Nat Turner selbst konnte zunächst fliehen, als seine Truppe von der Staatsmiliz zusammenschossen wurde. Mehr als zwei Monate gelang es ihm, sich in der Umgebung von Southampton County den Behörden zu entziehen, ehe er am 30. Oktober von dem weißen Plantagenbesitzer Benjamin Phipps entdeckt wurde – zu diesem Zeitpunkt hatte er sich in einem Erdloch versteckt, bezeichnender Weise bei einer Siedlung des irokesischen Stammes der Nottoway, denn der indigenen Bevölkerung lag es fern, den Flüchtigen an seine Sklavenhalter und Häscher zu verraten. Phipps führte Nat Turner mit vorgehaltener Waffe ab und einem Gerichtsverfahren zu.

Der Prozess gegen Nat Turner wegen Verschwörung zur Rebellion und Durchführung eines Aufstandes fand am 5. November 1831 statt – mehr Zeit war aus Sicht der Staatsmacht auch nicht nötig, um ihn schuldig zu sprechen und zum Tode zu verurteilen. Sechs Tage später, am 11. November, wurde das Urteil vollstreckt und Nat Turner starb am Galgen. Sein Leichnam wurde daraufhin gröblichst geschändet, um eine klare Warnung auszusenden: Wer auch immer sich gegen die Sklaverei und die Herrschaft der weißen Gutsbesitzer auflehnt, wird das gleiche Schicksal erleiden.

Doch die Erinnerung an Nat Turner und den mutigen Aufstand seiner Rebellen zeigte andere Resultate. Nat Turner galt und gilt vielen als Märtyrer, der Abolitionismus griff seine Geschichte auf, im 20. Jahrhundert wurde er zu einem Symbol der „Black Power“-Bewegung. Und auch im 21. Jahrhundert, 190 Jahre nach seinem Tod, ist Nat Turners Name nicht vergessen, in einer Zeit, in der Afroamerikaner zwar nicht mehr versklavt sind und zumindest am Papier volle Bürgerrecht genießen, aber seitens der Staatsgewalt und Gesellschaft der USA immer noch vielerlei Diskriminierung, Rassismus und Repression ausgesetzt sind.

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