Nach den Flüchtlingstragödien des Faschismus und des Zweiten Weltkrieges verständigte sich die internationale Staatengemeinschaft 1951 über völkerrechtliche Verbindlichkeiten – in der EU und Österreich sind diese heute jedoch nicht mehr viel wert.
Genf/Brüssel/Wien. Am 28. Juli 1951 wurde unter Ägide der Vereinten Nationen in Genf das internationale „Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“ verabschiedet, das gemeinhin als „Genfer Flüchtlingskonvention“ (GFK) bekannt ist. 1954 trat es nach entsprechender Ratifizierung in den ersten Ländern in Kraft. Bis heute sind 146 Staaten der Konvention beigetreten, die für diese eine völkerrechtliche Bestimmung darstellt. In Österreich erfolgte die gesetzliche Implementierung im April 1955, mit dem ergänzenden „Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“ von 1967 wurden alle zeitlichen und räumlichen Einschränkungen verworfen. Diese beiden Dokumente bilden gemeinsam mit der hierzulande seit 1958 in Verfassungsrang stehenden Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) die Grundlage für den Umgang mit Flüchtlingen und dem Asylrecht – zumindest theoretisch.
Rechte und Pflichten von Flüchtlingen
Die GFK legt fest, dass Menschen außerhalb ihres Heimatlandes dann als Flüchtlinge einzuordnen sind, wenn sie dort aufgrund von ethnischen (d.h. rassistischen), religiösen, nationalen, politischen oder Gründen der sozialen-gesellschaftlichen Zugehörigkeit verfolgt werden – eine Kriegssituation ist hierfür nicht Voraussetzung, es geht also keineswegs nur um Kriegsflüchtlinge. Gleichzeitig werden Fluchtgründe wie Naturkatastrophen, Umweltveränderungen oder Wirtschaftskrisen nicht von der GFK erfasst. Definiert wird mit den anzuerkennenden Fluchtgründen jedoch eigentlich weniger das Recht auf Asyl, sondern es geht um Rechte im Asyl. Wer gemäß der GFK als Flüchtling anerkannt wird, genießt im Fluchtland Schutz vor Diskriminierung, außerdem Religionsfreiheit, Rechtszugang sowie das Recht auf Ausstellung von Reisepapieren. Grundsätzlich darf ein Flüchtling nicht schlechter behandelt werden als sonstige Ausländer. Umgekehrt ist der Flüchtling explizit verpflichtet, sich an die Gesetze des Gastlandes zu halten. Eine Ausweisung oder Abschiebung ist grundsätzlich nicht zulässig, wenn im Zielland wiederum mit Verfolgung zu rechnen ist. – Alle weiteren Regelungen, insbesondere zum Asylverfahren und zu konkreten Fragen der Rechtsstellung, Unterkunft und Versorgung, bleiben der jeweiligen nationalen Gesetzgebung überlassen, unter Vorbehalt der allgemeinen Grundsätze der GFK.
Antiflüchtlingspolitik in Europa und Österreich
Praktisch ist es in Österreich – und in der gesamten EU, insbesondere im Schengen-Raum – jedoch so, dass seit Jahrzehnten alles getan wird, um die GFK faktisch außer Kraft zu setzen und legale Asylanträge von vornherein zu verunmöglichen. Man hat sich in der EU längst auf „Flüchtlingsabwehr“ verlegt, auf Geldzahlungen an andere Länder, damit diese die Flüchtlinge aufnehmen, sowie auf schwer befestige und bewachte, häufig tödliche Außengrenzen zu Lande und nicht zuletzt im Mittelmeer. Österreich zieht sich zudem bequem auf die Position zurück, dass es ohnedies von „sicheren Drittländern“ umgeben sei, also eigentlich eine Zahl von null Asylanträgen innerhalb des Landes anstrebt. Die übliche Ausrede in Wien und Brüssel für die gegenwärtige Situation besteht oft in der Behauptung, die GFK sei nach Jahrzehnten nicht mehr zeitgemäß, doch dies könnte nicht falscher sein: Notwendig wäre es vielmehr, der GFK endlich wieder jene Geltung zu verschaffen, die es braucht, um schutzsuchenden Menschen zu helfen. „Nicht zeitgemäß“ und geradezu menschenfeindlich ist vielmehr die Flüchtlingspolitik Österreichs und der EU, die sich von humanitären Ideen und völkerrechtlichen Normen der GFK längst verabschiedet hat.