Am 20. Januar 1942 trafen sich am Berliner Wannsee 15 deutsch-faschistische Funktionäre und Beamte, um den vollständigen und systematischen Genozid an den europäischen Jüdinnen und Juden zu besprechen.
Ganz im Südwesten Berlins liegt der Wannsee. Unter der Adresse Am Großen Wannsee 56–58 steht die ehemalige Villa Marlier, die heute eine Holocaust-Gedenkstätte ist – aus einem konkreten Grund: In diesem Gebäude fand vor 80 Jahren, am 20. Januar 1942, die berüchtigte Wannseekonferenz statt, die mit dem deutsch-faschistischen Genozid an der jüdischen Bevölkerung Europas eng verbunden ist.
Die fragliche Villa war damals ein „Gästehaus“ der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes. Dementsprechend war es deren leitender Funktionär Reinhard Heydrich – in diesem Bereich des faschistischen Macht- und Staatsapparates quasi die Nr. 2 hinter Heinrich Himmler –, der zu dieser Besprechung einlud und als „Gastgeber“ fungierte. 15 Personen nahmen an der Sitzung teil, darunter mehrere Staatssekretäre, Vertreter der Reichskanzlei, der NSDAP, der SS und der Gestapo. Der (später, d.h. historisch) „prominenteste“ Anwesende nach Heydrich war Adolf Eichmann, der auch das Protokoll führte.
Lediglich 90 Minuten dauerte die Besprechung, deren Thema die so genannte „Endlösung der Judenfrage“ darstellte. Hinter diesem Euphemismus des NS-Jargons verbarg sich nichts Anderes als die beabsichtigte völlige Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Europas. Dieser Genozid, der mit industriellen Mitteln systematisch angegangen wurde, bedeutet den Übergang von Verfolgung, Deportation, Ghettoisierung und „Vernichtung durch Arbeit“ zum uneingeschränkten Massenmord an allen Jüdinnen und Juden, die im deutschen Machtbereich greifbar waren. Die Shoah in diesem vollständigen Ausmaß wurde jedoch nicht, wie manche fälschlich glauben oder behaupten, bei der Wannseekonferenz beschlossen, denn hierfür verfügten die Teilnehmer nicht über die politischen Kompetenzen. Ihre Aufgabe war es vielmehr, die Koordinierung des Genozids zu besprechen, Zahlen und Daten abzugleichen, Vorgehensweisen und Maßnahmen zu planen sowie Zuständigkeiten zu verteilen – hierfür hatte Heydrich den Besprechungsteilnehmern einen „Gesamtentwurf“ vorgelegt. In diesem Sinne war die Wannseekonferenz eher ein technokratischer Teil zur Vorbereitung der Umsetzung des Völkermordes. Ab 29. Januar begannen die Folgekonferenzen, die weiteren Details gewidmet waren.
Der eigentliche Beschluss zur „Endlösung“ dürfte schon früher gefallen sein – und zwar auf höchster Ebene, unter maßgeblicher Entscheidungsfindung Adolf Hitlers, Hermann Görings und Himmlers. Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass dies bald nach dem deutschen Überfall auf die UdSSR (22. Juni 1941) geschah, allerspätestens im Dezember 1941.
Die geschichtswissenschaftliche Bedeutung der Wannseekonferenz liegt insofern vor allem darin, dass ihr Protokoll erhalten ist, dessen Echtheit Eichmann im Zuge seines Prozesses in Jerusalem bestätigte. Diese Niederschrift ist trotz seiner z.T. umschreibenden Sprache ein Zeugnis des absoluten Vernichtungswillens des deutschen Faschismus gegenüber der jüdischen Bevölkerung Europas, der systematischen Planung und Durchführung des Massenmordes an Millionen Menschen. Dieses und die anderen Verbrechen des deutschen Faschismus dürfen niemals vergessen werden – und niemals darf sich Vergleichbares wiederholen.