Vor 130 Jahren wurde der russisch-sowjetische Dichter Wladimir Majakowski (1893–1930) geboren. Bis zu seinem frühen Tod begleitete sein Schaffen die sozialistische Revolution in Russland und den Aufbau der sowjetischen Gesellschaft.
Wladimir Wladimirowitsch Majakowski wurde am 19. Juli 1893 im damals zaristischen, heute georgischen Bagdadi geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters zogen Mutter, zwei ältere Schwestern und Wladimir 1906 nach Moskau. Während der Gymnasiumzeit beschäftigte er sich mit marxistischer Literatur, trat der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands bei und nahm an Aktionen der Bolschewiki teil. Majakowski wurde dreimal verhaftet, im Gefängnis verfasste er seine ersten Gedichte.
Eigentlich wollte er Maler werden, doch an der Kunsthochschule setzte sich sein dichterisches Talent durch. Aufgrund anhaltender politischer Aktivitäten wurde er ausgeschlossen, doch hatte er Anschluss an fortschrittliche Schriftstellergruppen gefunden, die sich dem Futurismus verschrieben hatten. Majakowski wandte sich mit scharfer Sprache gegen das reaktionäre Regime, gegen die Kirche und auch gegen die alte Kunst – zeitlebens war es sein Bestreben, eine eigene sozialistische Kunst zu schaffen.
Während dem Ersten Weltkrieg lebte Majakowski in Petrograd, wo er bei Ausbruch der Revolution klar Stellung bezog und für revolutionäre Rezitationen („Linker Marsch. Den Matrosen“) bekannt wurde, wenngleich er selbst seine Stimme für gänzlich ungeeignet hielt. Er kehrte nach Moskau zurück und stellte sein künstlerisches Wirken in den Dienst der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution und der Bolschewiki, er war Mitglied der Linken Künstlerfront und betrachtete sein Schaffen als kommunistischen Futurismus.
Lenin, der von Majakowski überaus verehrt wurde und über den er mehrere Gedichte, darunter das große „Lenin-Poem“, verfasste, konnte mit ihm und seinen Werken nicht allzu viel anfangen, doch Nadeschda Krupskaja überzeugte ihren Mann vom Wert des jungen Künstlers für den Aufbau einer neuen, einer sozialistischen Gesellschaft. Tatsächlich genoss Majakowski, der neben Lyrik auch Theaterstücke und Essays schrieb, bald große Popularität in der sowjetischen Bevölkerung – und höchstes Ansehen in künstlerischen und intellektuellen Kreisen. Sein Schaffen blieb stets politisch, agitatorisch, aktivistisch, selbst wenn es vordergründig um Liebesgedichte ging.
In privaten Dingen war Majakowskis Leben jedoch nicht unbedingt von Stabilität und Erfüllung geprägt, verschiedene Beziehungen scheiterten, was zu psychischer Belastung führte. Mitunter gab es Zwist mit allzu forschen Kulturfunktionären. Hinzu kamen zunehmend gesundheitliche Probleme, sodass sich Majakowski im Alter von 36 Jahren entschied, sein Leben durch Suizid zu beenden. Am 14. April 1930 schoss er sich in die Brust.
Da diese Tat – und die eine oder andere frühere „Verfehlung“ Majakowskis – nicht unbedingt ein Vorbild für den neuen Sowjetmenschen darstellen sollten, gab es nach seinem Tod zunächst eine Tendenz, Majakowski aus dem sowjetischen Literaturkanon zu verstoßen. Doch Josef Stalin persönlich verhinderte dies: „Majakowski ist und bleibt der begabteste Dichter unseres sowjetischen Zeitalters“, stellte er fest.
Und so gehörte Majakowski weiterhin zu den meistgelesenen Autoren in der UdSSR, später in deutscher Übersetzung auch in der DDR. Selbst das bürgerlich-kapitalistische Russland vermochte nach der Konterrevolution nicht, den „bolschewistischen Agitpropliteraten“ Majakowski aus dem gesellschaftlichen und kulturellen Bewusstsein der Menschen zu bannen, weswegen man sich wenigstens bemühte, ihm die wahre kommunistische Gesinnung und die „Sowjettreue“ abzusprechen. Doch nichts könnte falscher sein: Wladimir Majakowski war der Dichter der bolschewistischen Revolution und des sozialistischen Aufbaus und ohne jeden Zweifel einer der bedeutendsten Künstler der jungen Sowjetunion.