Zum Kuckuck nochmal! Österreichs beliebtester Frühlingsbote und Brutparasit bekommt langsam Schwierigkeiten bei der – zugegebenermaßen hinterhältigen – Arterhaltung.
Klagenfurt. Mit seinem charakteristischen und eben namensgebenden „gu-kuh“-Ruf ist der Kuckuck (Cuculus canorus) ein traditioneller Frühlingsbote und daher mit einer positiven menschlichen Gefühlslage verbunden. Doch der eigentümliche Vogel ist eigentlich ein bissel ein Unsympathler: Er baut kein eigenes Nest – deshalb kann übrigens auch keiner drüberfliegen – , sondern er ist ein Brutparasit. Das bedeutet, das Kuckucksweibchen legt seine Eier in fremde Nester anderer Vogelarten, in Österreich v.a. beim Rotkehlchen, Hausrotschwanz oder der Bachstelze. Während sich der Kuckuck wieder aus dem Staub macht, wird das untergeschobene Ei – immer eines pro Nest – von der unfreiwilligen Stiefmutter nichtsahnend ausgebrütet und das geschlüpfte Küken sodann ernährt und großgezogen. Damit aber nicht genug: Der Kuckucksjungvogel will die volle Aufmerksamkeit und Nahrung, weshalb er die anderen Eier bzw. Küken aus dem Nest wirft und alleine übrigbleibt. Bis die Eltern merken, dass etwas faul ist, ist es zu spät. Gewiss, nicht die feine Art, aber eben die evolutionäre Nische des Kuckucks und seiner Arterhaltung, die schon Charles Darwin analysiert hat.
Der Klimawandel macht dem Kuckuck nun aber zunehmend einen Strich durch die betrügerische Rechnung. Als weitreisender Zugvogel bezieht er sein Winterquartier im zentralen Afrika südlich der Sahara, legt also tausende von Flugmeilen zurück, um rechtzeitig zu seiner Brutzeit von April bis Mitte Mai wieder in Europa zu sein. Hierbei muss bei Routen und Planung alles präzise stimmen – und der Kuckuck ist tatsächlich jedes Jahr pünktlich wie eine, nun ja, Kuckucksuhr. Die Wirtsvögel, in deren Nester der Kuckuck seine Eier hineinschmuggelt, sind jedoch Kurzstreckenzieher, d.h. sie überwintern im nahegelegenen Mittelmeerraum. Im Zuge der Erwärmung und früher einsetzender höherer Temperaturen verlagern sich deren Brutzeiten im Jahresablauf weiter nach vorne, was unangenehme Folgen für den Kuckuck hat: Wenn dieser dann eintrifft, um seine Eier ins gemachte Nest zu legen, sind die Wirtsküken bereits geschlüpft – und dann ist es nicht mehr möglich, noch unbemerkt ein weiteres Ei hinzuzufügen, denn das Kuckucksküken ist darauf angewiesen, möglichst als erstes zu schlüpfen. Der ganze Schmäh mit dem Kuckuckskind funktioniert also nicht mehr – gut für die Wirtsvögel und deren Nachkommenschaft, problematisch für die ausgelagerte Kuckucksbrut.
Die Vogelschutzorganisation BirdLife Kärnten hat beobachtet, dass sich der einheimische Bestand des Kuckucks in den letzten zehn Jahren halbiert hat, was doch einen beträchtlichen Rückgang bedeutet. Den entscheidenden Faktor hierbei spielt die fehlende Bebrütung durch Wirtsvögel, was neben dem Klimawandel noch eine andere Ursache hat: Auch die Wirtsvögel werden weniger, weshalb der Kuckuck oft nicht nur zu spät kommt, sondern selbst bei zeitgerecht kalkulierter Trickbetrügerei nicht genügend fremde Nester vorfindet (es geht um bis zu 25 Eier pro Vogelmutter und Saison). In diesem Kontext liegt das Problem in der generellen Zerstörung des Lebensraumes für viele Vogelarten, die auf Büsche, Wäldchen und Biotope angewiesen sind – demgegenüber wirken sich Abholzung, Verbauung und intensive Landwirtschaft nachteilig aus. Auch das Nahrungsangebot (Insekten, Würmer, Spinnen) wird vielerorts knapper, etwa durch den Einsatz von Bioziden. Vor diesem Hintergrund ist der mitteleuropäische Bestand des Kuckucks, der sich gegenwärtig noch bei rund 400.000 Brutpaaren bewegt, mittelfristig zunehmend bedroht. „Kuckuck, Kuckuck, ruft’s aus dem Wald“, heißt es in einem Lied von Hoffmann von Fallersleben über den Frühling. Diese Behauptung könnte absehbar überholt sein.
Quelle: ORF