Managua/Brasília. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Nicaragua und Brasilien haben in den letzten Wochen einen Tiefpunkt erreicht. Nachdem die nicaraguanische Regierung die Ausweisung des brasilianischen Botschafters Breno de Souza Brasil Dias da Costa veranlasst hatte, reagierte Brasilien umgehend und erklärte Nicaraguas Botschafterin Fulvia Patricia Castro zur unerwünschten Person.
Laut einer Pressemitteilung der nicaraguanischen Regierung hat Botschafter Dias da Costa das Land bereits verlassen. Im Gegenzug befinde sich Botschafterin Castro auf dem Weg zurück nach Nicaragua, wie aus einer Erklärung des brasilianischen Außenministeriums hervorgeht. Gleichzeitig betonten beide Seiten, dass die diplomatischen Beziehungen offiziell nicht abgebrochen würden.
Brasília begründete die Entscheidung, Nicaraguas Botschafterin auszuweisen, mit dem „Prinzip der Gegenseitigkeit“. Unklar ist, was zu dieser Eskalation geführt hat. Amerika21 vermutet, dass die Spannungen mit einem diplomatischen Affront in Verbindung stehen könnten: Botschafter Dias da Costa hatte offenbar an den Feierlichkeiten zum 45. Jahrestag der sandinistischen Revolution am 19. Juli nicht teilgenommen – eine Geste, die in Managua als Affront wahrgenommen worden sein könnte.
Die Beziehungen zwischen beiden Ländern haben sich in den letzten Monaten merklich verschlechtert. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hatte bereits zuvor auf eine gestörte Kommunikation mit Nicaraguas Präsident Daniel Ortega hingewiesen. Lula sagte in einer Pressekonferenz, dass er auf Bitten von Papst Franziskus versucht habe, Ortega in einem sensiblen Fall zu erreichen – es ging um den inhaftierten Bischof Rolando Álvarez, der wegen Hochverrats zu 26 Jahren Haft verurteilt und später aus Nicaragua ausgewiesen worden war. Ortega jedoch hatte sich offenbar geweigert, das Gespräch anzunehmen. „Ortega ging nicht ans Telefon und wollte nicht mit mir sprechen. Also habe ich nie wieder mit ihm gesprochen“, so Lula weiter.
Lula ging sogar so weit, Ortega eine diktatorische Haltung zu unterstellen und zu behaupten, dass die sandinistische Revolution 1979 auch aus einem persönlichen Machtstreben heraus erfolgt sei. Solche Vorwürfe, verbunden mit dem gescheiterten Vermittlungsversuch, dürften zweifellos zur aktuellen Krise zwischen den beiden Ländern beigetragen haben.
Trotz der aktuellen Spannungen zeigte Nicaragua Solidarität mit Brasilien, als es kurz nach dem tragischen Flugzeugabsturz bei São Paulo, bei dem alle 61 Insassen ums Leben kamen, seine Anteilnahme ausdrückte.
Quelle: Amerika21