Beirut. Mehrere Tage lang stand der Libanon praktisch still. Das krisengebeutelte Land kämpft nicht nur weiterhin mit den Folgen des neoliberalen Umbaus durch Kredite des Internationalen Währungsfonds, die ganz im Interesse imperialistischer Mächte wie Frankreich und der EU im Mittelmeerraum stehen, sondern auch mit langandauernden Stromausfällen. In vielen Landesteilen gab es keinen Strom mehr, in der Hauptstadt Beirut höchstens vier Stunden am Tag. Vermögende Haushalte und Unternehmen kompensierten die Stromausfälle durch teure Generatoren, für die Mehrheit der Arbeiterklasse, der vielen Arbeitslosen und anderen Volksschichten war dies keine Option.
Der Grund dafür hängt einerseits mit der Krise am globalen Energiemarkt zusammen, die die Kosten vor allem von Erdgas, tendenziell auch Rohöl in die Höhe treibt, und andererseits mit den verschiedenen korrumpierten Kapitalfraktionen, die das libanesische Staatswesen in einen anarchischen Zustand transformiert haben. Essentielle Güter des täglichen Lebens sind ebenfalls Mangelware und das staatliche Energienetz befindet in einem maroden Zustand. Das komplexe Staatswesen des Libanon funktioniert nach ethnischen Quotenregelungen, die Spaltung des libanesischen Volkes ist damit verfassungsgemäß festgeschrieben. Einig sind sich die Herrschenden, ob Christen, Schiiten oder Sunniten, in ihrer Korruption und bei den verschiedenen imperialistischen Mächten, an die sie sich anbiedern. Wiederum eint das libanesische Volk der Hass auf eben jene Herrschenden, wie in den Volksaufständen 2019 und auch letztes Jahr nach der Explosion am Beiruter Hafen deutlich wurde.
Aktuell hat der Libanon irakisches Öl importiert, um die staatseigenen Kraftwerke wieder in Gang zu bringen. Zwar herrsche angeblich wieder Normalität, weil die Armee 6.000 Liter Treibstoff freigegeben hat, jedoch werden diese am Mittwoch schon aufgebraucht sein. Gegenleistungen für die irakischen Importe sollen in „Waren- und Dienstleistungen“ erfolgen, wie das Energieministerium des Libanons meldete. Die Hisbollah schlug schon im September, in dem sich die Energiekrise bereits manifestierte, vor, iranisches Öl zu importieren. Dies verstieße allerdings gegen die US-Sanktionsregeln, die dem iranischen Ölsektor auferlegt wurden.
Ebenfalls im September deutete die libanesische Regierung an, ihre Krise durch weitere „Hilfen“ durch die Weltbank und den IWF zu lösen. Damit wird sich allerdings nur die Krise des libanesischen Volkes vertiefen, sollten etwa die Subventionen von Treibstoff enden – damit wäre auf einen Schlag das wirtschaftliche Überleben vieler Haushalte und kleiner Selbständige dem Ende geweiht. Die EU bemüht sich mit Frankreich als ehemaliger Kolonialmacht, den Libanon in ihren Wirtschaftsraum einzugliedern, weswegen schon 2006 ein Assoziierungsabkommen geschlossen wurde, das 2014 durch ein „Aktionsprogramm“ bekräftigt wurde. In diesem verpflichtete sich der libanesische Staat, Subventionen und öffentliche Ausgaben zu senken und den Fokus weiterhin auf den deregulierten Finanzsektor zu lenken, der von den Finanzinstutionen mehrerer Länder hochgelobt wird.
In diesem Sinne funktioniert der libanesische Staat sehr effizient: als Instrument der Unterdrückung und Ausbeutung des Volkes, um die Ziele der Kapitalfraktionen und Imperialisten durchzudrücken.
Quellen: Die Zeit/Informationsstelle Militarisierung/Aljazeera News