HomeInternationalesZwei Jahre nach der Erdbebenkatastrophe: Stillstand und anhaltendes Leid

Zwei Jahre nach der Erdbebenkatastrophe: Stillstand und anhaltendes Leid

Am 6. Februar 2023 erschütterten zwei verheerende Erdbeben der Stärke 7,7 und 7,6 die türkische Provinz Kahramanmaraş und zehn weitere Regionen. Die Bilanz war erschütternd: Über 53.000 Menschen verloren ihr Leben, mehr als 107.000 wurden verletzt, und Zehntausende wurden obdachlos. Zwei Jahre später zeigt sich ein bitteres Bild – die versprochene Hilfe blieb in vielen Teilen aus, und die Betroffenen kämpfen weiterhin mit den Folgen der Katastrophe.

Baustellen statt Wiederaufbau: Das erdbebengeplagte Hatay

Besonders dramatisch ist die Lage in Hatay, einer der am stärksten betroffenen Provinzen. Trotz großspuriger Ankündigungen bleibt die Stadt eine riesige Baustelle. Tausende Menschen leben weiterhin in Notunterkünften – Containern und Zelten, die kaum Schutz vor der Kälte des Winters oder der Hitze des Sommers bieten. Infrastrukturprobleme wie zerstörte Straßen, verschmutzte Luft und eine mangelnde Versorgung mit Wasser, Strom und Heizung erschweren den Alltag zusätzlich. Der Bildungs- und Gesundheitssektor ist stark beeinträchtigt, die wirtschaftliche Lage katastrophal: Arbeitsplätze sind rar, und die steigende Armut macht das Überleben für viele noch schwieriger.

Unzureichende juristische Aufarbeitung

Während zahlreiche Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem Erdbeben eingeleitet wurden, bleiben Konsequenzen für staatliche und administrative Verantwortliche aus. Ermittlungen gegen Beamte verlaufen im Sande, während Bauunternehmer trotz gravierender Verstöße gegen Sicherheitsstandards oft straffrei bleiben. Die mangelnde Rechenschaftspflicht sorgt für Empörung in der Bevölkerung – dennoch gab es bislang keine Rücktritte oder Entlassungen auf hoher politischer Ebene.

Gedenken und Proteste: „Kann mich jemand hören?“

Zum zweiten Jahrestag der Katastrophe versammelten sich Tausende Menschen in den betroffenen Städten, um ihrer verstorbenen Angehörigen zu gedenken und auf die anhaltenden Missstände aufmerksam zu machen. In Hatay fanden sich Demonstranten auf einem zentralen Platz ein, um mit ihrem Protestmarsch auf die noch immer ungelösten Probleme hinzuweisen. Der zentrale Slogan der Proteste – „Kann mich jemand hören?“ – erinnert an die verzweifelte Frage von Rettungsteams, die nach Überlebenden suchten. Die symbolische Antwort der Demonstranten lautete: „Niemand hört unsere Stimme.“

In Hatay kam es zu Zwischenfällen, als die Polizei eine Gruppe von Demonstranten aufhielt und drei Personen festnahm. Auch in anderen Städten wie Maraş, Adana, Osmaniye, Şanlıurfa, Diyarbakır und Malatya wurden Kundgebungen abgehalten. Besonders in Defne, einem Stadtteil von Hatay, fand eine emotionale Gedenkveranstaltung statt.

Ein Staat, der nicht schützt

In ihrer Erklärung zum zweiten Jahrestag der Erdbeben kritisierte die Kommunistische Partei der Türkei (TKP) die Regierung scharf. Sie betonte, dass der Staat seiner Verantwortung nicht gerecht werde und die Profitgier die Sicherheitsinteressen der Menschen überlagere. Die Partei erinnerte daran, dass sich ähnliche Katastrophen in der Türkei wiederholen, weil Planungsfehler, Korruption und fehlende Vorsorge an der Tagesordnung seien.

„Wir haben aus unseren Erfahrungen einige Lehren gezogen“, heißt es in ihrer Erklärung. „Einmal mehr wurde uns bewusst, dass ein Staat, der sich Profitgier und Irrationalität hingibt, seine Bürgerinnen und Bürger nicht schützen kann.“ Die TKP warnte davor, dass sich die Katastrophe von 2023 jederzeit wiederholen könne – insbesondere mit Blick auf ein drohendes Erdbeben in Istanbul, das laut Wissenschaftlern mit hoher Wahrscheinlichkeit die Metropole verwüsten würde.

Ein Aufruf zum selber tun

Die Partei forderte die Menschen dazu auf, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, da die Regierung versage. „Wenn sie das Land nicht regieren können, sind wir das Volk und wir können uns selbst regieren“, so der abschließende Aufruf.

Zwei Jahre nach der Erdbebenkatastrophe bleibt die Lage in den betroffenen Regionen verheerend. Während die Menschen mit den Folgen kämpfen, mangelt es weiterhin an einem nachhaltigen Wiederaufbau. Die Rufe nach Gerechtigkeit und Veränderung verhallen ungehört – doch die Erinnerung an den 6. Februar 2023 bleibt ein Mahnmal für die Versäumnisse und die politische Verantwortungslosigkeit.

Quelle: 902​.gr

BILDQUELLETKP via X
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