Ein Polizist, der einen Notruf durch eine Frau ignorierte, welche von ihrem Ex-Partner bedroht wurde, bekommt nun eine Geldstrafe, wegen Unhöflichkeit. Die Frau wurde von ihrem Ex-Partner niedergestochen. Es zeigt sich ein Fehler mit System.
Wien. Der Fall stellt sich wie folgt dar: Der nun zu einer Geldstrafe verurteilte Beamte nahm im Jänner vergangenen Jahres einen Notruf entgegen. Die Anruferin gab an, dass sie dringen Hilfe benötige und mit einem Messer bedroht würde.
Messerattacke währen Notruf
Der Beamte versuchte, die korrekte Adresse der Anruferin zu erheben, währenddessen kam es zu lautstarkes Schreien sowie Geräuschen wie ein Lachen, eine Auskunft des Ortes blieb aus. Daraufhin fragte der Beamte Berichten zufolge: „Kann es sein, dass ihr zwei ein bissl deppert seids?“ Im Anschluss sei das Gespräch abgebrochen und der Polizist blieb in der Folge untätig.
Das Opfer, welches den Notruf absetzte, hatte Stunden zuvor ein Betretungs- und Annäherungsverbot gegen ihren Ex-Partner erwirkt. Dieser habe sie dennoch bei ihrer Wohnadresse „abgepasst“. Der Betroffenen gelang es dann noch, den Notruf zu verständigen. Währenddessen stach der Ex-Partner mehrmals auf sie ein und verletzte diese lebensgefährlich. Sie überlebte nur knapp.
Dies ist kaum dem vorerst untätigen Beamten zu verdanken. Erst als ein weiterer Notruf durch einen Zeugen bei einer Kollegin einging, verständigte er die Rettung. Er protokollierte den ursprünglichen Anruf dann im Anschluss und hielt hierbei die Nummer des Zeugens statt des Opfers fest.
Rettung nach weiterem Notruf alarmiert
Der Beamte wurde im Zweifel vom Vorwurf, er habe, nachdem der weitere Notruf eingegangen war, den Ernst der Lage erkannt, jedoch offenbar ohne gebotene, jedoch zumutbare Sorgfalt die falsche Telefonnummer eingegeben, und so eine Dienstpflichtverletzung begangen, freigesprochen.
Seine Unhöflichkeit begründete der Beamte Berichten zufolge damit, dass für ihn eine lächelnde Stimme zu hören war. Insgesamt wirft der Fall einige Fragen auf. Strafrechtliche Konsequenzen seien nicht zu erwarten.
Gewalt gegen Frauen ist ein Problem
Der Fall verdeutlicht oder ist sinnbildlich für eine Gesellschaft, in der Gewalt gegen Frauen zwar zur Tagesordnung gehört und dennoch weiterhin kaum ernst genommen wird. Etwa jede vierte Frau in Österreich, die älter als 15 Jahre ist, wurde bereits Opfer von körperlicher Gewalt, die Zahl derer, die Opfer sexueller Gewalt wurden, liegt ebenso hoch. Die Zahl der Gewalt und auch der Morde an Frauen liegt in Österreich immer wieder oberhalb des EU-Schnitts.
Juristische und soziale Maßnahmen müssen gesetzt werden
Die Realität zeigt, dass Frauen den teilweise sogar tödlichen Auswirkungen der Gewalt gegen Frauen vielfach auch dann nicht entgehen, wenn sie sich an die Polizei wenden, Klagen oder einstweilige Verfügungen einreichen. Der Mangel an wissenschaftlicher, rechtlicher, sozialer und finanzieller Unterstützung durch staatliche Strukturen sorgt dafür, dass die notwendige Hilfe und Unterstützung ausbleibt.
Es ist offensichtlich, dass immer noch bessere Gesetze gegen Gewalt gegen Frauen braucht, nicht zuletzt im Bereich Partnerschaft und Familie. Der aktuelle Fall verdeutlicht jedoch, dass Reformen alleine dem Problem nicht entgegenwirken können. Darüber hinaus braucht es aber soziale Maßnahmen. Eine Förderung des Bewusstseins für die Problematik, in der Gesamtbevölkerung, aber auch bei so manchen Beschäftigten in Behörden und Gerichten, damit in Zukunft solche Fälle, wie der beschriebene nicht mehr passieren. Natürlich braucht es aber auch mehr Geld und Personal für Schutz- und Hilfseinrichtungen.
Die Frauenunterdrückung und damit verbundene Gewalttaten sind nicht nur eine Sammlung von „tragischen Einzelfällen“, sondern haben systematische Grundlagen im Kapitalismus.
Leistbarer Wohnraum, umfassende Kinderbetreuung, ausreichend Kolleginnen und Kollegen im Bereich der Betreuung von Opfern von Gewalt an Frauen sind nur drei der Punkte, die die Situation von Frauen verbessern würden.
Quelle: ORF/Statistik Austria/ORF/Der Standard