Frauen bekommen in Wien im Ruhestand um ein Drittel weniger Geld als Männer – das hat natürlich mit der Minderbezahlung und Benachteiligung im kapitalistischen Berufsleben zu tun
Wien. Vergangene Woche – genau am 2. September – war in Wien der „Equal Pension Day“ 2020. Das bedeutet, dass von 1. Jänner bis zu diesem Tag Männer durchschnittlich bereits so viel Pensionszahlungen erhalten haben wie Frauen im ganzen Jahr – oder in einem umgekehrten mathematischen Vergleich: Bei gleicher Höhe würden Frauen für das restliche Jahr keine weiteren Pensionszahlungen mehr erhalten, die Männerpensionen liefen jedoch weiter. Freilich sind dies nur Rechenspiele, um die Situation zu verdeutlichen, und diese besagt für Wien: Eine Männerpension in der österreichischen Bundeshauptstadt beträgt durchschnittlich 1.968 Euro pro Monat, eine Frauenpension lediglich 1.327 Euro. Frauen bekommen also monatlich um 641 Euro weniger, was doch ein relevanter Betrag ist und eben etwa einem Drittel entspricht (genau 32,6 Prozent). Anzumerken ist, dass Wien vergleichsweise besser dasteht als andere Bundesländer, wo die Frauenpensionen auch in absoluten Zahlen niedriger sind. Im Bundesschnitt erhalten Frauen sogar 41,86% weniger Pension als Männer, dies ergibt eine Differenz von 825 Euro – das Schlusslicht bei der Pensionsgleichheit ist Vorarlberg. Doch diese Vergleiche machen die Situation in Wien freilich auch nicht erfreulicher, denn sie bedeutet für viele Frauen (relative oder absolute) Altersarmut oder zumindest Armutsgefährdung, soziale Ausgrenzung und in manchen Fällen Abhängigkeit von Männern.
Keine Gleichheit im Kapitalismus
Pensionszahlungen ergeben sich in ihrer Höhe freilich aus dem vorherigen Erwerbsleben, d.h. gemäß Arbeitsjahren und Lohn- bzw. Gehaltszahlungen. Und da beißt sich die Katze in den Schwanz: Frauen erhalten ja auch deutlich niedrigere Löhne als Männer, es gibt außerdem mehr Erwerbsunterbrechungen und eventuell Karenzzeiten. Diese Ungleichheit ist nicht nur ein Ergebnis des Kapitalismus, sondern von diesem auch systematisch so gewollt: Er braucht immer Gruppen, die verschärft ausgebeutet werden können. Neben GastarbeiterInnen, MigrantInnen und Jugendlichen/jungen Erwachsenen sind dies insbesondere Frauen. Hinzu kommt, dass auf Frauen in aller Regel die Hauptlast der unbezahlten Arbeit fällt, d.h. Haushalt, Kindererziehung und ‑betreuung oder familiäre Kranken- und Altenpflege. Diese Systematik reproduziert sich sogar selbst, denn aufgrund der Tatsache, dass Frauen weniger verdienen, können es sich Familien oder Paare kaum leisten, dass der Mann zu Hause bleibt. Alleinstehende und Alleinerzieherinnen haben jedoch nicht einmal diese theoretische Wahl: Sie stehen besonders unter sozialem und finanziellem Druck, können und müssen oft in Teilzeit arbeiten, in prekären Verhältnissen – und schlittern mit dem Pensionsantritt sodann oft von der „working poor“-Gruppe direkt in die Altersarmut, die signifikant weiblich ist. Insofern wären naheliegende Forderungen etwa gleiche Löhne für Frauen und Männer, Antidiskriminierungsmaßnahmen im beruflichen Bereich oder die Einbeziehung von unbezahlter Reproduktionsarbeit bei der Pensionsberechnung. Schlussendlich wird es jedoch tatsächliche Gleichstellung und Gleichheit im Kapitalismus nicht geben können, denn er benötigt Ungleichheit und Ungleichbehandlung – nur der Sozialismus ermöglicht die vollständige Befreiung der Frau.
Quelle: Vienna Online