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PISA-Studie vermittelt Bildung als Ware

Für ein Studium braucht es primär Geld, nicht Interesse oder Begabung: So ist wohl die heurige Muster-Aufgabenstellung zur PISA-Studie zu verstehen. Dementsprechend wird erstmals auch „Finanzkompetenz“ abgetestet.

Wien. Heute, Dienstag, starten an rund 350 Schulen in ganz Österreich die Tests für die PISA-Studie 2022. Die 15- bis 16-jährigen Schülerinnen und Schüler lösen dabei Aufgaben zu Mathematik, Lesen, Naturwissenschaften und neu auch zu Finanzkompetenz. Am OECD-Programm – es ist die mittlerweile siebte Auflage der Studie – nehmen heuer 86 Staaten und Wirtschaftsregionen teil.

Zur Vorbereitung auf die Tests hat die OECD ausgewählte Trainingsaufgaben zur Verfügung gestellt. Eines der Beispiele handelt davon, dass ein Mädchen mit seinen Eltern diskutiert, wie sie zusammen am besten Geld fürs Studium sparen können. Die Botschaft dahinter ist klar: Höhere Bildung ist eine Frage von finanziellen Ressourcen, also sollte man tunlichst schon als Kind Geld beiseitelegen – die „Kompetenzen“ dazu sollen die Schulen vermitteln.

Dabei ist die Tatsache, dass ein Studium dank ausgehungerter Bildungssysteme und gekürzter Unterstützungsleistungen für immer weniger junge Menschen leistbar ist, noch der realistische Teil der Aufgabenstellung. Denn zu kalkulieren ist mit Jahreszinssätzen von bis zu 12 % für ein Sparbuch, die Inflation wird praktischerweise gleich komplett ignoriert. So viel zur lebensnahen Finanzbildung.

So passend die heurige Muster-Aufgabenstellung die Ökonomisierung von Bildung illustriert; die Gestaltung der PISA-Studie ist insgesamt fragwürdig, die anschließende Diskussion der Ergebnisse – diese lassen aber noch bis Dezember 2023 auf sich warten – wird wohl wieder ergebnislos bleiben. Die Auswahl der zu vergleichenden Kompetenzbereiche ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was Bildung (zumindest auf dem Papier) in Österreich bedeuten sollte. Nur lassen sich soziale Kompetenz und kritisches Denken schlecht computergestützt auswerten, auch die tatsächlichen Perspektiven von Schülerinnen und Schülern bleiben unberücksichtigt.

Dabei sind Detailergebnisse von PISA durchaus interessant – etwa zeigt sie den Einfluss des sozialen Hintergrunds auf die schulischen Leistungen, anders formuliert das Scheitern des Schulsystems, sehr detailliert auf. Nur wird primär über Länderrankings und minimale Punktedifferenzen diskutiert, als würde es sich um Olympische Spiele handeln. So hält sich die Begeisterung für die PISA-Studie doch in engen Grenzen – bis auf die Industriellenvereinigung, die die „Finanzkompetenz“ im Testformat löblich findet, denn man müsse den Jugendlichen einschärfen, „die Möglichkeiten eines modernen, attraktiven Kapitalmarktes optimal zu nutzen“ (so die IV in einer aktuellen Aussendung). Das stellen sich jedenfalls die Konzerne unter finanzieller Bildung vor: Jugendliche für die Spekulation am Aktienmarkt vorbereiten. Vielleich können sie sich dann ein Studium leisten.

Quelle: TUM/Pisa

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