Die Interessensvertretung der Unternehmen hortet ein gewaltiges Vermögen. Bei Arbeitenden und Sozialleistungen will die WKÖ beinhart kürzen, dafür noch mehr Geschenke für Firmeneigentümer.
Wien. Wenn die Wirtschaftskammer Sparbedarf sieht, dann immer bei jenen, die ohnehin mehr schlecht als recht über die Runden kommen. Keine Lohnsteigerung ist in ihren Augen gerechtfertigt, keine Sozialleistung tief genug angesetzt. Dabei ist sie sich selbst gegenüber äußerst großzügig – und kann darauf zählen, dass das kaum jemand ernsthaft in Frage stellt.
In einer aktuellen Anfragebeantwortung musste Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) Vermögen, Erträge und Aufwände der Wirtschaftskammern (also Landesorganisationen und Bundes-Kammer) für das Vorjahr offenlegen. Was sie laut Parlaments-Hausordnung nicht zwangsweise preisgeben musste – Werbe- und Repräsentationsaufwand, Pensionsrückstellungen etc. – tat Schramböck, ganz in ÖVP-Manier, natürlich nicht.
Doch auch der begrenzte Einblick in die Vermögenssituation der gesetzlich verankerten und äußerst ÖVP-nahen Unternehmerlobby zeigt einen Haufen Reichtum, der selbst nicht so recht weiß, was er mit sich anfangen soll. So wurden die für „Notfälle“ gebildeten Rücklagen im Coronajahr nicht nennenswert angetastet, mussten sie auch nicht: Der Staat warf den Unternehmern Milliarden an „Rettungsgeldern“ in den Rachen, oft jenen, die es wirklich nicht nötig hatten.
Bundesorganisation: 100 Millionen Cash
Mittlerweile beträgt das Eigenkapital der Wirtschaftskammern exakt 1.088.119.848 €. Allein die WKÖ gibt an Bargeld und sofort verfügbaren Bankguthaben für das Vorjahr 100.755.368 € an – die einzelnen Landesorganisationen zusammen nochmals über eine viertel Milliarde. Freilich gut versteckt in der Beilage zur aktuellen Anfragebeantwortung. Medienleute, die sich nicht anstrengen wollen, speist man meist erfolgreich mit der Aussage ab, man könne ja nicht Immobilien und Rückstellungen als verfügbares Geld darstellen. Diese machen tatsächlichen einen Teil des Wirtschaftskammer-Vermögensberges aus. Dennoch ist es besonders widerwärtig, wenn eine Organisation, die hunderte Millionen auf Konten liegen hat, gleichzeitig Sozialhilfeempfängern den letzten Euro neidig ist.
Sozialpartnerschaftliches Schweigen
Für die meisten Medien ist der etwas mühsame Zahlensalat, den Schramböck nun veröffentlichen musste, kein Thema. Mit einem zuverlässigen und zahlungskräftigen Inserenten will man es sich nicht so leicht verscherzen. Außerdem besteht seitens der SPÖ und ihrer Vorfeldorganisationen keinerlei Bedarf, eine Debatte zu den Vermögen der „sozialpartnerschaftlichen“ Institutionen zu führen. Da mal lieber nicht im Glashaus mit Steinen werfen, werden sich so manche AK- und ÖGB-Mehrfachbezügler und Luxuspensionisten mit sozialdemokratischem Parteibuch denken. Dabei weiß die absolute Mehrheit natürlich sehr gut zwischen Arbeiter- und Wirtschaftskammer zu unterscheiden; wie auch zwischen wertvollem Einsatz für die Lohnabhängigen an der Basis und parteipolitisch motiviertem Taktieren und Lavieren der Spitze. Die Arbeiterkammer genießt laut aktueller APA-OGM-Umfrage enormes Vertrauen, das zuletzt sogar noch gestiegen ist. Das Sprachrohr der Bosse im Land ist hingegen noch deutlich unbeliebter als das AMS (und das will etwas heißen).
Quellen: Anfragebeantwortung 1, Anfragebantwortung 2, APA-OGM Vertrauensindex