Innsbruck. Der Tiroler Energieversorger TIWAG, zu hundert Prozent in Landesbesitz, hat in einem Rechtsstreit um Strompreiserhöhungen eine erste Schlappe erlitten. Mehrere Kundinnen und Kunden hatten nach den Erhöhungen in den Jahren 2022 und 2023 geklagt – nun verpflichtete das Bezirksgericht Innsbruck die TIWAG in mehreren Fällen zur Rückzahlung der zu viel kassierten Beträge.
Besonders brisant: Die von der TIWAG gemeinsam mit der Arbeiterkammer (AK) ausgehandelte Lösung – ein Entlastungspaket in Höhe von insgesamt 60 Millionen Euro – darf laut den Entscheidungen nicht als Gegenleistung zu den nun gerichtlich angeordneten Rückforderungen verbucht werden. Oder anders gesagt: Der Rückzahlungsanspruch der Kundinnen und Kunden bleibt trotz bereits gewährter oder versprochener Vergünstigungen bestehen.
Der Anwalt der klagenden Partei, Florian Scheiber, spricht von Beträgen zwischen 300 und 1.500 Euro, die für den jeweiligen Zeitraum rückgefordert werden. Sollte das Urteil der ersten Instanz in höheren Instanzen bestätigt werden, wären sämtliche vergleichbare Preiserhöhungen der TIWAG in Frage gestellt.
Hintergrund der gesamten Auseinandersetzung ist die Frage, ob die TIWAG ihre Strompreiserhöhungen auf den Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) stützen darf. Bereits in einer erfolgreichen Musterklage der Tiroler AK 2023 stellte das Bezirksgericht Innsbruck fest, dass diese Form der automatischen Indexanpassung nicht konform mit dem Konsumentenschutzgesetz sei, weil sie die tatsächlichen Erzeugungs- und Einkaufskosten der TIWAG nicht ausreichend abbildet.
Der Landesenergieversorger argumentierte, die rasch steigenden Strompreise hätten eine Anpassung notwendig gemacht, doch das Gericht wies damals darauf hin, dass die TIWAG mehr als die Hälfte ihres Stroms selbst produziere und dadurch nicht vollumfänglich den Schwankungen des Börsenpreises unterliege.
Die TIWAG akzeptiert das aktuelle Urteil nicht: Laut einem Bericht der Austria Presse Agentur (APA) hat das Unternehmen bereits Berufung angekündigt. Die nächste Instanz muss nun entscheiden, ob die Kundinnen und Kunden weiterhin auf Rückzahlung setzen dürfen oder ob die TIWAG am Ende doch nicht verpflichtet wird, die zu hoch angesetzten Rechnungen zu erstatten.
Einen Teilerfolg konnte der Landesenergieversorger hingegen an anderer Stelle verbuchen: In Gerichtsverfahren um Vertragskündigungen – die TIWAG löste 2023 tausende Altverträge auf und bot Neuverträge an – waren die Kundinnen und Kunden erfolglos geblieben. Das Gericht sah in diesen Kündigungen keine rechtliche Unzulässigkeit.
Die teils heftig kritisierten Strompreiserhöhungen der TIWAG hatten in Tirol zu großer öffentlicher Empörung geführt. Insbesondere Politikerinnen und Politiker der Landesregierung sahen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, warum ein landeseigenes Unternehmen, das über große eigene Erzeugungskapazitäten verfügt, derart hohe Preise an Kundinnen und Kunden weitergibt.
Quelle: ORF