Wien. Während man in Brüssel und Wien mit spitzem Rotstift über Pensionsreformen, Budgetlöcher und angebliche Sozialausgabenexzesse diskutiert, bestellt sich Deregulierungs-Staatssekretär Sepp Schellhorn lieber einen Audi A8. Nicht etwa aus Luxusgründen, wie er betont – nein, der A6 war ihm scheinbar schlicht „zu minder“. Der Mann ist eben anspruchsvoll, und wer viel kürzen will, muss auch stilvoll fahren.
Willkommen in der Republik der Doppelmoral: Während der Bevölkerung mit Pensionskürzungen, Sparzwängen und Teuerungsfloskeln erklärt wird, der Gürtel müsse enger geschnallt werden, gönnt sich das Kabinett neue Posten, neue Limousinen – und, wenn man gerade nichts Besseres zu tun hat, auch einen ekelhaften historischen Vergleich im Frühstücksfernsehen. Sepp Schellhorn fühlte sich offenbar von pöbelnden Fahrgästen im Zug so verfolgt, dass er seine Lage mit der von Verfolgten des Nazi-Faschismus verglich – am Vorabend des 8. Mai. Ob das Ignoranz oder einfach politische Selbstüberschätzung ist, wird nicht mehr zu klären sein. Die Entschuldigung kam schnell. Glaubwürdig? Schwer zu sagen – aber aufrichtig klingt anders.
Der wahre Skandal ist jedoch nicht die Geschmacklosigkeit einzelner Politiker, sondern das System, das sie trägt. Die ÖVP, die SPÖ und die NEOS – vereint in der scheinbar teuersten Bundesregierung der Zweiten Republik – schaffen neue Sonderbüros mit Koordinierungspersonal, das sich offenbar gegenseitig koordinieren muss, weil die Ministerien sich sonst verlaufen würden. Fünf neue Stellen im Außenamt allein – aber wehe, eine Kindergärtnerin oder ein Pflegehelfer fordern bessere Arbeitsbedingungen. Dann ist plötzlich kein Geld mehr da.
Dass ausgerechnet ein NEOS-Staatssekretär – also ein Vertreter jener Partei, die sich selbst als Vorreiter eines schlanken Staates inszeniert – in einem über fünf Meter langen Audi A8 durch die Republik chauffieren lässt, ist ein Treppenwitz politischer Selbstherrlichkeit. Während er auf X mit dem Taschenrechner vorrechnet, wie der A8 sogar günstiger sei als der A6, bleibt die eigentliche Frage unbeantwortet: Warum braucht ein Verfechter der Sparpolitik überhaupt eine Luxuskarosse, wenn er doch angeblich „bei den Menschen“ sein will? Die Antwort liefert sein Verhalten gleich mit: Mit dem gewöhnlichen Volk möchte der Herr Staatssekretär offensichtlich wenig zu tun haben. Man fühlt sich zwangsläufig an das berühmte Zitat, das Marie Antoinette in den Mund gelegt wurde, erinnert: „Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen.“
Ein Ministerium, das über Sonderbüros stolpert, eine Regierung, die auf dem Rücken der Bevölkerung spart, und eine politische Elite, die sich ihre Austerität mit Ledersitzen versüßt – das ist die Realität im Jahr 2025. Die Bundesregierung hat offensichtlich verstanden, wie sie die Krise meistert: mit Spardruck für unten und Sonderrechten für oben.
Wer glaubt, ein Vergleich mit deutschen Verhältnissen sei unangebracht, dem sei ins Stammbuch geschrieben: Die Ampelkoalition hat gezeigt, wie man sich in der Bevölkerung unbeliebt macht – diese Bundesregierung scheint auf bestem Wege, ihr österreichisches Gegenstück zu werden.