Während die SPÖ-ÖVP-Koalitionen in der Steiermark seit 2012 im Rahmen des EU-Fiskalpaktes ein drakonisches Sparkorsett im Spitalsbereich durchziehen, tut die KPÖ-Steiermark im akuten Fall von Stationsschließungen in Knittelfeld so, als wäre eine Naturkatastrophe hereingebrochen. Aufrufe oder Mobilisierungen zu Kampfmaßnahmen erwartet man von ihr vergebens.
Knittelfeld. Es wäre keine Übertreibung, von einem handfesten Gesundheitsnotstand im steirischen Knittelfeld zu sprechen: Etwas mehr als die Hälfte aller Betten in der Inneren Medizin des dortigen Krankenhauses werden gesperrt. So werden nunmehr 60 statt wie zuvor 122 Betten dem Volk zur Verfügung stehen, eine Station wird vorübergehend sogar ganz gesperrt, weil der Dienst nicht weiter aufrechterhalten werden kann. Schon im Juni meldeten sich 14 Stationsärzte in einem Notruf in eigener Sache zu Wort und kündigten an, dass ab dem 1. September nur mehr 60 Prozent der regulär vorgesehenen Stammarzt-Stellen besetzt seien und man bald auf Triage umsteigen müsste, sprich: Das Gesundheitspersonal muss entscheiden, wer behandelt wird und wer nicht.
Verharmlosungen und Verklärungen vom Arbeitgeber
Dabei ließen die KAGES-Leitung unter Dr. Gerhard Stark sowie der ärztliche Direktor des LKH Murtals Prim. Dr. Michael Jagoditsch keine rhetorischen Versuche aus, um zu beschwichtigen, in Wahrheit jedoch, die schädlichen Folgen eines profitgetriebenen Gesundheitssystems zu verdecken. So sprach man im Juni noch davon, dass die Akutversorgung aufrechterhalten bleibe und man allerlei organisatorische Maßnahmen unternehmen werde, um eine Unterversorgung zu verhindern. Das bedeutet konkret jedoch, dass „nicht dringliche“ Fälle in benachbarte KHs ausgelagert werden; die Uniklinik Graz, das KH Hochsteiermark und das KH Judenburg werden hier ins Spiel gebracht. Konkret werden Patientinnen und Patienten sowie die Belegschaft sich mit dem dementsprechenden Aufwand herumschlagen müssen. Zumal auch in benachbarten KHs die Überlastung und der Personalmangel des Ärzte- und Pflegepersonals nicht signifikant niedriger ausfallen dürfte.
Außerdem sollen Allgemeinärzte im Ort ihre „Zuweisungspolitik“ dementsprechend anpassen. Kurzum: Rationalisierung der medizinischen Versorgung, Problemverschiebung und ‑verklärung. Mehr ist nicht zu erwarten.
Brutale Sparpolitik in steirischen Spitälern ist Problemverursacher
Aber das Problem ist nicht einfach Ausdruck eines sogenannten „Fachkräftemangels“ oder verwöhnter Wohlstandsbürger, die bei jedem Wehwehchen notärztliche Hilfe beanspruchen. Ganz im Gegenteil: seit 2012 läuft im Rahmen des EU-Fiskalpakts ein drakonisches Sparkorsett – ein sogenannter „Kostendeckel“ – wonach anhand der wirtschaftlichen Entwicklung Gesundheitsausgaben bemessen werden. Dadurch wurden seit 2012 tausende Spitalsbetten gekürzt, mit dramatischen Auswirkungen in der Corona-Pandemie und einer latenten Dauerüberlastung in vielen Abteilungen und Spitälern.
Die SPÖ-ÖVP Koalitionen in der Steiermark stehen ohnehin seit Jahren für die laufende Ausdünnung sozialer Dienstleistungen (O‑Ton: „Man brauche kein Krankenhaus hinter jedem Busch“), dem Schließen von Volks- und Musikschulen sowie der Zusammenlegung von Gemeinden. Mit einer neuen „Spitalsreform“ im Sinne des Kapitals wird seit 2017 der nächste Anschlag durchgeführt, der eben die in Knittelfeld von allen Seiten mit Krokodilstränen beweinte Streichung von Spitalsbetten, Abteilungs- und Stationsschließungen vorsieht. Bis 2035 soll die Hälfte der Betten in steirischen Spitälern eingespart werden – mit freundlicher Unterstützung der WKO, neoliberaler Think-Tanks, der EU-Kommission und anderen Kapitalistenverbänden.
…und der zahnlose Reformismus der KPÖ ist nicht die Lösung
Umso unverständlicher erscheint zunächst, warum die KPÖ Steiermark in ihren Wortmeldungen scheinbar so tut, als wäre eine Naturkatastrophe hereingebrochen. So meint die KPÖ-Klubobfrau im steirischen Landtag, Claudia Klimt-Weithaler, zur Causa KH-Knittelfeld: „Das steirische Gesundheitssystem steht an der Kippe, und ÖVP und SPÖ schauen weiter zu!“, und der Knittelfelder Gemeinderat der KPÖ, Josef Meszlenyi, charakterisiert die Lage u.a. so: „Die Gesundheitslandesrätin Bogner-Strauss muss endlich von Reden ins Tun kommen, sonst gehen in unserem Krankenhaus bald noch mehr Lichter aus!“.
Man muss dabei Einzelaussagen nicht überbewerten, sondern in Anbetracht einer konzertierten Aktion der Bundes- und Landesregierungen, der EU und Unternehmerverbände schlicht feststellen, dass weder die KPÖ Steiermark trotz ihrer Mandate in vielen betroffenen Gemeinden und dem Landtag, noch ihre Gewerkschaftsfraktion GLB willens sind, sich für die Möglichkeit von Arbeitskämpfen gegen die Arbeitgeber und die Kürzungspolitik der Landesregierung stark zu machen. Stattdessen erstellt die KPÖ Steiermark, wie auch die KPÖ Graz, mit ihrer aktuell laufenden Pflege-Petition, Reformwunschlisten mit berechtigten Forderungen an die politischen Verursacher der desaströsen Gesundheitspolitik.
Anstatt dem seit Jahren laufenden Kahlschlag der Landespolitik und den unbefriedigenden KV-Abschlüssen ein politisches Kampfprogramm entgegenzustellen, spielt die KPÖ Steiermark dasselbe abgekartete Spiel wie die SPÖ in der Opposition: Über Medienaussendungen werden richtige Forderungen aufgestellt, skandalisiert und moralisiert, um dann die Arbeiterklasse mit der Option einer „linken“ oder „sozialen Koalition“ zum Wählen zu animieren. Dies versinnbildlicht das strategische Scheitern der KPÖ, die praktisch eine reine Wahlorientierung hat und sich dementsprechend Parteien wie SPÖ und Grüne – also die politischen Architekten der Kaputtsparpolitik in Bund und Land – warm halten möchte.
Stattdessen müsste eine kommunistische Partei ihre Kräfte nutzen, um in den betroffenen Betrieben Basisstrukturen aufzubauen und die Belegschaft selber befähigen, für ihre täglichen und konkreten Forderungen zu kämpfen – notfalls auch mit eigenen Listen bei Betriebsratswahlen, Vernetzungstreffen, Kundgebungen bis hin zu Streiks. Denn wie der Teilausfall der medizinischen Versorgung in Knittelfeld zeigt, reichen Skandalisierung und der parlamentarische Spielraum nicht aus, um die Gesundheitsversorgung für das Volk zu decken oder den Personalschlüssel und Arbeitsbedingungen zu verbessern. In Wahrheit reiht sich die KPÖ wie auch die SPÖ in den sozialpartnerschaftlichen Burgfrieden zwischen Kapital und Gewerkschaften ein, der in Österreich der Arbeiterklasse echte Perspektiven des Kampfes für ein besseres Leben raubt.
Was es braucht: Massen- und Klassenkampf gegen Sozialkahlschlag, Teuerung und Überlastung
Demgegenüber betonte der Vorsitzende der Partei der Arbeit, Tibor Zenker, vor einigen Tagen, dass es vonseiten des Kapitals und dessen Regierungen keine Geschenke geben werde und jede soziale Verbesserung vehement gegen das Kapital erzwungen werden muss – auf der Straße, in den Betrieben, in Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen, mit den Waffen, die die Arbeiterklasse hat: Massenaktion und Massenkampf.
Quelle: Kleine Zeitung/LKH Murtal/KPÖ Steiermark/Krone