Große Teile des Gesundheitspersonals stehen seit März unter dauernder Anspannung und oftmals Überbelastung. Nun drohen Engpässe bei der Versorgung von Intensivpatienten. Das könnte nicht nur für Covid-Patienten, sondern beispielsweise auch für Verunfallte, Herzinfarkt- oder Schlaganfallpatienten problematisch werden.
Überraschend ist das nicht, ganz im Gegenteil: Die Regierung hat genau damit kalkuliert. Als Kriterium für schärfere Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus wurde festgelegt, wann die Intensivversorgung an ihre Grenzen kommt. Die Regierung nimmt also bewusst in Kauf, dass zahlreiche Menschen krank werden, mitunter so schwer, dass sie ins Krankenhaus und vielleicht sogar auf die Intensivstation müssen. Bisher über 1200 davon sind verstorben, viele weitere lagen und liegen wochenlang im Krankenhaus oder sind in Heimquarantäne mit der Genesung beschäftigt. Das Virus schädigt nicht nur die Atemwege, sondern auch andere Teile des menschlichen Körpers, so etwa Niere, Leber und Herz. Ob und inwieweit daraus Langzeitfolgen resultieren, ist bisher unbekannt. Umso mehr wäre eigentlich Vorsicht geboten.
Das alles nimmt die Regierung in Kauf, um erst im letzten Moment Maßnahmen zu ergreifen, bevor es dazu kommen würde, dass aus Österreich ähnliche Bilder um die Welt gehen wie Anfang des Jahres aus China und dem italienischen Bergamo (ob es dafür noch rechtzeitig war, wird sich herausstellen). Maßnahmen wohlgemerkt, an denen erkennbar ist, dass sie sich an den Interessen der Unternehmen und nicht an denen der Menschen orientieren. Der Regierung geht es nicht um die Gesundheit, sondern nur um die Arbeitsfähigkeit der Werktätigen.
Laut dem Salzburger Infektiologen Richard Greil kommt der zweite Lockdown um sechs Wochen zu spät, er stellt klar: „Wir sind in eine sehr kritische Situation gekommen, die auch vorhersehbar war.“ Auch der Einsatzleiter des Krisenstabs der Stadt Salzburg, äußert sich beunruhigt: „Es ist offensichtlich, dass nur ein Teil-Lockdown stattfindet. Betriebe und Schulen sind offen. Außerdem starten wir bei einem wesentlich höheren Infektionsniveau als im Frühjahr. Wir dürfen uns keine zu rasche Entspannung erwarten.“ Die gegenwärtige „zweite Welle“ werde daher länger und härter ausfallen als die erste im Frühling. Zu den genannten Faktoren wäre auch noch der Winter hinzuzufügen, in dem sich das Virus wohler fühlt, während wir uns mehr in Räumen aufhalten und unser Immunsystem weniger stabil ist. Zugestandenermaßen konnte die Regierung nicht ahnen, dass so eine Jahreszeit auf uns zukommen würde.
Die ersten Beeinträchtigungen des Gesundheitswesens machen sich bereits bemerkbar: Das Stadtspital Dornbirn ist bereits mit Intensivpatienten ausgelastet, in immer mehr Krankenhäusern werden „nicht dringende und planbare Operationen“ verschoben und Besuche bei Spitalspatienten wurden verboten. Auch die Bewohner in Wohn- und Pflegeheimen dürfen nur noch stark reglementiert Besuch empfangen. Inzwischen droht, wie auch der Wiener Intensivmediziner Klaus Markstaller erläutert, in Österreich die Triage genannte Entscheidung, welcher Patient versorgt wird und welcher nicht: „Sind aber zum Beispiel keine Herz-Lungen-Maschinen mehr verfügbar, muss man sich überlegen: Wem werden wir diese Methode nicht mehr anbieten können? Und das könnte täglich passieren, unabhängig davon, ob es sich um Covid-19-Erkrankungen handelt oder nicht.“