Wien/Linz. Seit einigen Wochen ist einer der großen bildungspolitischen Meilensteine der österreichischen ÖVP/Grüne-Bundesregierung sowie der ÖVP/FPÖ-Landesregierung aus dem öffentlichen Diskurs gefallen, oder wird zumindest nicht mehr in der Form öffentlich verhandelt, weil diese „Technische Universität für Digitalisierung und Digitale Transformation Oberösterreich“, so der Langname, beschlossene Sache ist. Vor einigen Tagen ist nun von Bund und Land ein Finanzierungsvorschlag publik gemacht worden: Ein bestehender „Notfalltopf“ für spezielle Finanzierungserfordernisse der öffentlichen Unis, die sogenannte „Ministerreserve“, soll als Finanzierungsgrundlage herangezogen werden.
Sabine Seidler, Präsidentin der Universitätenkonferenz (uniko), welche seit Monaten stellvertretend für viele öffentliche Universitäten die Gründung der TU OÖ kritisch begleitet, hält diese Finanzierung für „skandalös und zweckwidrig“ und einen „Affront gegenüber allen öffentlichen Universitäten“. Bislang hatten Bund und Land beschwichtigt, man würde das Budget der öffentlichen Universitäten nicht wegen der TU OÖ belasten.
Prototyp einer neuen Universität im Dienste des Kapitals?
Dabei ist die Gründung der TU OÖ nicht erst aufgrund aller intransparenten Details, etwa zum Angestelltenverhältnis, der genauen Budgetierung, den Studienbedingungen und Anforderungen etc. so kritikwürdig; selbst von bürgerlicher Seite, die ansosnten die volksfeindlichen Bologna-Reformen und Verschärfungen der Arbeits- und Studienbedingungen von Uni-Angehörigen mitgetragen haben, erscheint der Nutzen dieser Universität unklar. Tatsache ist aber, dass in den letzten zwei bis drei Jahren die Anzahl interdisziplinärer Masterstudiengänge mit Schwerpunkt Digitalisierung an Universitäten und FHs erhöht haben. Allen eigen ist der klare Fokus auf „Praxisorientierung“, sprich: Anbindung an kapitalistische Unternehmen, die den Markt dominieren und schon heute Infrastruktur, Forschungsergebnisse und in Form der Studierenden, ihre zukünftigen auf die Unternehmen abgerichteten Arbeitskräfte direkt anzapfen wollen.
Bei der TU OÖ potenzieren sich alle Angriffe auf das Arbeitsrecht, die Studienverhältnisse, sozial abgesicherte und wissenschaftlich freie Lehr- und Lernbedingungen völlig. Die TU OÖ wird formal zwar eine staatliche Universität sein, jedoch mit privatrechtlicher Ausgestaltung der relevantesten Teilbereiche. So gilt das Universitätsgesetz nicht für diese Hochschule, was beispielsweise die Angestellten außerhalb der geltenden Kollektivverträge stellt und ganz im Sinne der im Bericht geforderten Wettbewerbsfähigkeit, Flexibilität und Innovationsfähigkeit – positiv besetzte Begriffe für entgrenzte Dienstrechte, unstete Curricula und bildungspolitische Auslese und damit stückweite Privatisierung des Rechtes auf (freie) Bildung – diese TU OÖ auf dieselbe Ebene wie andere Privatuniversitäten. Laut der „Scientific Concept Group“ der Bundesregierung, soll diese TU ganz klar eine universitäre Drehscheibe werden, in der ein Aufsichtsrat sowie ein „Scientific Board“ gemeinsam mit einer eigens zu gründenden GmbH für alle administrativen Belange geleitet werden. Das bedeutet wiederum: Wegfall aller demokratischen Mitbestimmungsrechte durch Rektorat und Senat, in der auch VertreterInnen der Betriebsräte, der Beschäftigten und Studienvertretungen sitzen.
Dass weder der ÖGB noch die ÖH als sozialpartnerschaftliche „Vertretungsorgane“ willens sind, noch wachsam genug, diesem Thema die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, spricht wiederum für die Notwendigkeit, keine Hoffnungen in diese Organe der Packelei mit den Herrschenden, den bürgerlichen Regierungen und Kapitalvertretern zu setzen. Demgegenüber muss eine kämpferische Front aufgebaut werden, mit klarem Klassenstandpunkt, an der Baiss organisiert bei den Studierenden und Beschäftigten, jenseits der in Österreich etablierten Politik der sozialpartnerschaftlichen Hinterzimmergespräche und faulen Ergebnisse.
Quelle: Nachrichten/bmbwf/recht-hoch.blog