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Wir wollen nicht in die NATO!

In den letzten Monaten hat die Diskussion über die Rolle der neutralen Staaten in Europa und deren Verhältnis zur NATO an Brisanz gewonnen. Der jüngste Vorstoß des britischen Verteidigungsministers Grant Shapps, der eine NATO-Mitgliedschaft von Irland, Malta, Österreich und der Schweiz fordert, zeigt erneut die aggressive Expansion des westlichen Militärbündnisses.

Imperialismus und NATO-Erweiterung

Österreichs Neutralität ist tief in der österreichischen Identität und Geschichte verwurzelt. Die Neutralität ermöglichte es Österreich und der österreichischen Bourgeoisie in der Vergangenheit als Transitland vom Handel zwischen den sozialistischen Ländern Europas und dem kapitalistischen Westen zu profitieren. Damit waren ordentliche Profite für das österreichische Kapital verbunden. Allerdings dürfe man aufgrund der Neutralität keinem imperialistischen Bündnis, wie der NATO oder der EU, beitreten. Dass der EU-Beitritt dennoch vollzogen worden, ist bekannt. Einen Zweifel darüber, wo Österreich im internationalen Klassenkampf steht, bestand zudem nie. Bei den konterrevolutionären Aufständen 1956 in Ungarn und 1968 in der CSSR unterstützte Österreich die Konterrevolutionäre bei der Infiltration der Landesgrenzen und leistete logistische Unterstützung.

Die sozialistischen Staaten in Europa existieren heute nicht mehr, sie wurden von der Konterrevolution 1989–91 weggefegt. Das offizielle Österreich versucht nun die Neutralität endgültig zu untergraben und sich bereitwillig noch enger in den westlichen Machtblock einzugliedern.

Es lässt sich nicht leugnen, dass sich Österreich schrittweise der NATO angenähert hat. Bereits seit den 1990er Jahren besteht eine formalisierte Zusammenarbeit im Rahmen der NATO-Partnerschaft für den Frieden (PfP), und österreichische Soldaten haben an NATO-Einsätzen in Afghanistan, im Kosovo und in Bosnien-Herzegowina teilgenommen. Im Kosovo und in Bosnien-Herzegowina stellt das Bundesheer zudem bis heute einen bedeutenden Anteil der NATO-Besatzungstruppen. Der jüngste Vorstoß, die Zusammenarbeit weiter zu intensivieren, wie im Schreiben der sogenannten „Westeuropäischen Partner“ (WEP 4) an die NATO vom Dezember 2023 deutlich wird, stellt einen weiteren Schritt in Richtung einer noch engeren Bindung dar.

Der britische Verteidigungsminister bezeichnete die neutralen Staaten Europas als „Trittbrettfahrer“, die den Schutz der NATO genießen, ohne sich an der kollektiven Abschreckung zu beteiligen. „Wenn der Wolf an der Hintertür der europäischen Sicherheit steht, dann sollte es keinen Platz für Neutralität mehr geben“, erklärte Shapps. Diese Rhetorik ignoriert die historisch gewachsene Neutralitätspolitik dieser Länder und dient in erster Linie der Rechtfertigung imperialistischer Ambitionen. Denn die NATO ist nichts anderes als ein Werkzeug der geopolitischen Dominanz des Westens, ein Kriegsbündnis. Die Expansion der NATO nach Osten und die ständige Präsenz in globalen Konflikten zeigen dies deutlich.

In Finnland und Schweden haben die Herrschenden den Ukraine-Krieg genutzt, um die vorher ablehnende Haltung der Bevölkerung gegenüber einem NATO-Beitritt zu manipulieren und eine deutliche Mehrheit für die Mitgliedschaft zu gewinnen. Während die politische Elite in Österreich ebenfalls zunehmend für eine engere NATO-Integration wirbt, bleibt die Bevölkerung skeptisch. Umfragen zeigen, dass eine klare Mehrheit der Österreicher an der Neutralität festhalten möchte und eine NATO-Mitgliedschaft ablehnt.

Militarismus über alles

Eine volle NATO-Mitgliedschaft bedeutet nicht nur das Ende der formellen Neutralität, sondern auch eine erhebliche Militarisierung der betreffenden Länder. Die endgültige Aufgabe der Neutralität würde trotz aller bisherigen Anbiederungen an die NATO eine fundamentale Veränderung der österreichischen Außen- und Sicherheitspolitik darstellen. Es würde Österreich in das strategische und militärische Kalkül der NATO einbetten und damit potenziell zu einem Ziel in militärischen Konflikten machen. Eine volle NATO-Mitgliedschaft erfordert zudem erhebliche Investitionen in das Militär, um die geforderten Standards zu erfüllen. Weitere Kürzungen in etlichen anderen Bereichen, wie Gesundheit und Bildung, wären die Konsequenz.

Diese Militarisierung dient in erster Linie den Interessen der Rüstungsindustrie und des militärisch-industriellen Komplexes, während die arbeitende Bevölkerung die Kosten in Form von höheren Militärausgaben und sozialer Unsicherheit trägt. Die verstärkten Militärausgaben gehen zwangsläufig zulasten öffentlicher Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheit und sozialer Sicherheit.

Frieden und Klassenkampf

Die Friedensfrage ist untrennbar mit dem Klassenkampf verbunden. Die imperialistischen Kriege und militärische Auseinandersetzungen dienen den Interessen der herrschenden Klasse und des Kapitals. Denn letztlich geht es dabei immer um die Durchsetzung der Vorherrschaft über die politische und wirtschaftliche Ausbeutung der Welt, um die Kontrolle der Exportmärkte, der Rohstoffquellen, der Einflusssphären und der Kapitalinvestitionen sowie um die Durchsetzung der Kontrolle der Warentransportwege gegen Konkurrenten.

Die Arbeiterklasse und die Völker bezahlen den imperialistischen Krieg und die Profite des Kapitals mit enormem menschlichen Leid. Es ist also die Aufgabe der Kommunistinnen und Kommunisten, die Frage des Friedens und damit einhergehend den Kampf gegen eine engere Anbindung oder vollständige Integration Österreichs in die NATO in den Vordergrund zu stellen, um effektiv gegen Militarisierung und Kriegspolitik vorgehen zu können. Nur wenn es gelingt, den Kampf für Frieden und für Sozialismus zu vereinen, können wir die Interessen der arbeitenden Menschen gegen die imperialistischen Bestrebungen der herrschenden Klasse effektiv verteidigen.

Quelle: junge Welt

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