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Die Hofberichterstatter, die ÖVP und die Linken

Kommentar von Otto Bruckner, stellvertretender Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA)

Alle haben es immer schon gewusst. Ganz besonders die Journalistinnen und Journalisten in den Redaktionen der Tages- und Wochenzeitungen, des Fernsehens und Hörfunks. Immer haben sie schon gesagt und geschrieben, dass Kurz eine substanzlose Marionette des Kapitals ist. Haben sie das?

Nein, haben sie nicht. Bis auf wenige Ausnahmen haben sie den türkisen Kanzler hochgeschrieben. Er verkörperte für sie die schöne neue Slim-fit-Welt, den aalglatten Message-control-Sprech, die künftige Politikergeneration, die das Land (gemeint ist das Kapital) braucht.

Störte sich jemand daran, dass Sebastian Kurz bei seiner Inauguration als ÖVP-Vorsitzender auf einem „Parteitag“ gewählt wurde, der in seiner Inszenierung Leni Riefenstahl alle Ehre gemacht hätte? Dass die ÖVP für ihn quasi jegliche innerparteiliche Demokratie geopfert hat, er an zwei Parteitagen gewählt wurde, die reine Jubelveranstaltungen ohne jegliche Möglichkeit der Diskussion waren? Nein, denn die Abschaffung der innerparteilichen Demokratie ist ja was Tolles, wenn da ein Typ wie Kurz einreitet und erzählt, alles werde neu und anders.

Auch, dass Kurz und seine Truppe nichts anderes waren und sind als Marionetten der maßgeblichen Kräfte des österreichischen Kapitals, und nicht nur jener Konzernchefs, die ihn direkt unterstützten, wurde nicht erwähnt, obwohl es so offensichtlich war.

Medien profitierten vom System Kurz

Jetzt beginnt das große Abrücken, sogar bei den Boulevardmedien, die am meisten vom System Kurz und seinen skrupellosen Vergabepraktiken von Presseförderungen und Inseraten profitiert haben. Was durch die Chats bekannt wurde, ist eine neue Qualität, denn es sieht so aus, als hätte die Mediengruppe „Österreich“ der Gebrüder Fellner direkte Gegengeschäfte mit der Truppe um Kurz abgewickelt. Ob das eine strafbare Komponente hat, werden Gerichte klären, es erlaubt auf jeden Fall tiefen Einblick. Gestern aber, da Kurz als Klubchef der ÖVP angelobt wurde, waren sie wieder ganz auf Megaphon des Wunderknaben gepolt, und walzten weit und breit ein Facebook-Video aus, das Kurz vor der Parlamentssitzung veröffentlicht hatte. Sein üblicher Sermon an seine Groupies war sogar sogenannten Qualitätsmedien breite Berichterstattung wert, obwohl der Neuigkeitswert gleich null war.

Der Adelsspross Alexander Schallenberg hat seine ersten Auftritte als Bundeskanzler so angelegt, dass er maximal unsympathisch und arrrogant wirkt. Er ist der Vollstrecker des Programms, das Türkis-Grün noch umzusetzen hat. Da ist das Kapital gnadenlos, denn wozu haben sie soviel in Türkis investiert? Kurz ist jetzt Klubobmann im Parlament, obwohl er noch keinen einzigen Tag Abgeordneter war. Die ÖVP erlaubt ihm einen Rückzug auf Raten. Er ist aber schon Geschichte, das wissen alle, nur seine Groupies auf der Regierungsbank und in der ÖVP haben es noch nicht kapiert. Die Vorlage und Beschlussfassung des Budgets und der Steuerreform in dieser Parlamentswoche ist ein weiterer wichtiger Schritt in der Umsetzung der Wünsche des Kapitals.

Reservediener stehen bereit

Schallenberg ist unwichtig. Er muss den Platz halten und für geordnete Verhältnisse sorgen. Für mehr wird er mit seiner aristokratischen Arroganz und Weltfremdheit auch nicht zu gebrauchen sein. 

Bis Alexander Schallenberg fertig gedient hat, werden sich schon neue Regierungsalternativen fürs Kapital abzeichnen, und derer gibt es viele. Sie werden die ÖVP wieder zur Vernunft bringen, und die Truppe um Kurz in die Schranken weisen, da reicht es schon aus, der angeblich hoch verschuldeten ÖVP mit dem zudrehen des Geldhahns zu drohen. Die Grünen sind bereit, weiterzumachen, mit wem auch immer. Die SPÖ steht immer bereit, dem Kapital zu dienen, die NEOS sowieso. Auch Kickls FPÖ ist eine Reserve, auf die im Bedarfsfall zurückgegriffen werden kann.

Die Federhuren in den Redaktionen werden sich neu orientieren. Sie sind da flexibel. Noch werden die Presseförderungen und Inserate von der ÖVP vergeben, also werden sie sich nur in Grenzen mit dieser anlegen. Dazu kommt ja, dass nicht wenige Medien in diesem Land im direkten oder indirekten Eigentum von Kirche, Raiffeisen und Co. stehen, und damit ihr Brot damit verdienen, dem Kapital zu Diensten zu sein. 

Die Linken, die sich in den letzten Tagen so an den „Kurz muss weg“-Rufen beteiligt haben, beweisen, dass es ein großer Fehler ist, auf die Lektüre von Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin, zu verzichten. In „Staat und Revolution“ würden sie viele Anregungen finden, die zu einem besseren Verständnis der kapitalistischen Staatsmaschinerie beitragen könnten. Sie würden verstehen, dass die Kurze und Schallenbergs usw. unwichtig sind, so lange die Herz-Lungen-Maschine des Kapitals namens Staats- und Regierungsapparat funktioniert.

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