Yangon/Naypyidaw/Myanmar. Wie mehrere bürgerliche Medien verlautbaren, kam es im südostasiatischen Staat Myanmar (früher Burma) zu einem Staatsstreich, orchestriert vom Militär, welche das Land seit 1962 fast ungebrochen mit eiserner Faust regierte. Die Militärführung behauptet, ihr Putsch komme als Reaktion auf die Parlamentswahlen im November 2020, dessen Ergebnisse sie als gefälscht bezeichnen.
Im Laufe des Putsches wurde Staatschefin Aung San Suu Kyi neben dutzenden weiteren Parlamentariern vom Militär verhaftet und unter Hausarrest gestellt. Suu Kyi befinde sich laut einem Sprecher ihrer Partei, der „National League for Democracy“ (NLD), in einem guten gesundheitlichen Zustand. In einem Facebook-Post auf der offiziellen Website der Partei rief Suu Kyi dazu auf, gegen den Militärputsch auf die Straßen zu gehen. Tatsächlich soll es zumindest in der Hauptstadt wie mittlerweile auch im Netz, zu Protestaufrufen kommen. Belegschaftsvertreter des Gesundheitspersonals haben aufgerufen, nicht unter einer Militärregierung arbeiten zu wollen und drohen einen Streik an.
Auch der Präsident Myanmars, ebenfalls vom Militär verhaftet, rief dazu auf, Aung San Suu Kyi sofort freizulassen. Laut CNN befinden sich zudem insgesamt 400 Parlamenterier in einem staatlichen Gebäudekomplex in der Hauptstadt Naypyidaw, in dem sie sich frei bewegen, diese naber nicht verlassen können. Die Authentizität dieser Meldungen kann derweil nicht verifiziert werden.
Militärputsch von westlichen Staaten verurteilt. USA drohen mit Sanktionen
Mehrere westliche Staaten, allen voran die USA unter Neo-Präsident Joe Biden, verurteilen den Militärputsch an Aung San Suu Kyi, ihres Zeichens Friedensnobelpreisträgerin und lange Zeit „Darling“ der westlichen Medien. Seit 2010 wird Suu Kyi und ihre NLD aktiv vom US-Imperialismus, aber auch der EU, als demokratische Lichtgestalt präsentiert. Bei den ersten freien, bürgerlich-demokratischen Wahlen 2015 verbuchte ihre Partei einen Erdrutschsieg. Es ist also keine Überraschung, dass die US, Großbritannien, Australien und andere westliche Staaten den Militärputsch scharf verurteilt haben. Joe Biden hat angekündigt, mit Japan und Indien Strategien zu entwickeln, die die Lage entspannen sollen. Sollte die Militärführung die Regierung Suu Kyis nicht wiederherstellen, drohen Myanmar Sanktionen. Der chinesische Staat merkte an, dass man die Situation zur Kenntnis nehme und rief alle Seiten zu „Zurückhaltung“ auf.
Konflikte um ein „größeres Stück vom Kuchen“
Auf Druck von mehreren imperialistischen Staaten wie den USA, Australien, aber auch China, wurde 2012 ein Reformprozess eingeleitet, der bürgerlich-demokratische Institutionen schuf und – das ist zentral für die imperialistischen Staaten: die Öffnung für ausländische Monopolkonzerne und Direktinvestitionen sicherte. Aung San Suu Kyi verhandelte seit 2012 geschickt zwischen den chinesischen und westlichen Machtblöcken, weshalb sie vor allem von der USA als richtige Kandidatin für den Machtwechsel betrachtet wurde. Das Militär wurde aber nie vollständig entmachtet, was die neue Verfassung Myanmars wiederspiegelt, denn 25% aller Sitze im nationalen Parlament sind für das Militär vorgesehen. Die größten Oppositionspartei – der Union Solidarity and Development Party (USPD) – unterstützt die Interessen der Militärführung zusätzlich, da sie ein Produkt der alten Militärdiktatur ist.
Noch vor der sogenannten „demokratischen Wende“ durch den Wahlsieg Suu Kyis 2015, wurde eine Reihe an Agrargesetzen verabschiedet sowie alte Gesetze aufgehoben, die zumindest dem Papier nach die Rechte von Kleinbauern, sicherstellte. Konzerne profitierten schnell von Regelungen, wie z.B. die Möglichkeit bis zu 100% ausländische Direktinvestitionen in gewisse Wirtschaftsbereiche zu erlauben – und damit die Förderung von Rohstoffvorkommen (fast) vollständig zu kontrollieren. Auch sind seit 2012 die Zahl an entschädigungslosen Enteignungen, nicht selten gekoppelt mit Mordserien durch das Militär, in die Höhe geschossen, damit Konzerne ihre Ausbeute machen können. Auch China mischt in diesem Feld mit und unterstützt Suu Kyis-Regierung, da sie ein Interesse daran haben, ihre „One Belt One Round“-Wirtschaftszone auch in Myanmar auszuweiten, damit der chinesische Imperialismus unter anderem im indischen Ozean besser „mitmischen“ kann, in der immerhin auch Einheiten der US-Navy stationiert sind.
Wer profitiert von „diplomatischen Interventionen“ und Putschversuchen?
Unabhängig von den aktuellen und vergangenen politischen Wirren, blickt das burmesische Volk einer düsteren Zukunft entgegen. Trotz des anfänglichen Sieges vor knapp einem Jahrzehnt, als die Militärdiktatur überwunden wurde, handelte es sich doch trotz der vorrangegangen Massenkämpfe nicht um einen Sieg des Volkes. Stattdessen war es ein Ergebnis der mächtigsten imperialistischen Staaten, welche ein Myanmar wollten, dass den Interessen des Monopolkapitals dient. In welche Richtung dieser Kurs gehen soll, wer davon profitieren soll – all das produziert Konflikte zwischen den Herrschenden in Myanmar, welche nun so „gelöst“ werden sollen.
Quelle: CNN/The Guardian/The Guardian