Das „publizistische“ Fellner-Dingsbums „Österreich“ bringt die Republik vor Gericht, um für sich staatliche Presseförderung zu erzwingen. Gibt’s nicht? In Österreich schon.
Wien. Lukas Resetarits hat es 2009 in einem prophetischen Kabarettprogramm (Nr. 23) geschehen lassen: Die Zeitung „Österreich“ aus dem Fellner-Medienhaus verklagt die Republik Österreich aufgrund einer Verletzung des Markennamensrechts – und gewinnt den Prozess. Als Konsequenz muss der Staat umbenannt werden und firmiert sodann als „Osterreich“, ohne Ö‑Punkte/Striche. So weit ist und kommt es freilich nicht, doch im Ansatz sind Realität und Satire trotzdem nicht mehr zweifelsfrei unterscheidbar. Die Zeitungschimäre „Österreich“ brachte Klage gegen die Republik ein und will auf diesem Wege staatliche Presseförderung vor Gericht zugesprochen bekommen. Der Beirat für Presseförderung hat dies in den vergangenen Jahren abgelehnt, da die Gesetzeslage verlangt, dass ein förderungswürdiges Printprodukt mehr Zeitungen verkauft als verschenkt – und bei „Österreich“ war dies eben nicht der Fall, da die Auflage zum größeren Teil als Gratisblatt unters Volk gebracht wurde.
Zwei Covers für identische Inhalte
Um diese Bestimmung auszuhebeln, griff man bei der Fellner-Gruppe 2019 zu einem Trick: Unter der Marke „Österreich“ wurde weiterhin eine Kaufzeitung herausgegeben, die Gratisversion wurde hingegen als „Oe24“ geflutet – und laut eigener Ansicht lagen damit zwei unterschiedliche Produkte vor, weswegen „Österreich“ nun sehr wohl Anspruch auf Presseförderung haben sollte. Bei entsprechender Analyse scheint das allerdings nicht unbedingt der Fall zu sein: Es werden jeden Tag zwei geringfügig unterschiedliche Titelseiten erstellt, der Inhalt im Inneren der beiden Zeitungen ist dann jedoch so gut wie identisch. Aus diesem Grund – weil es keineswegs getrennte Produkte seien – verweigerte der Presseförderungsbeirat auch 2020 staatliche Zuschüsse für „Österreich“. Das ließ nun die Fellner-Gruppe nicht auf sich sitzen: Man brachte Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein, klagte beim Landesgericht für Zivilrechtssachen die Republik auf Schadenersatz (500.000 Euro) und verlangt die gerichtliche Feststellung, dass man förderungswürdig sei. Im kommenden März soll darüber verhandelt werden, Österreich (die Republik jetzt) wird von der Finanzprokuratur vertreten. Damit aber nicht genug: Über die Kanzlei von Ex-Justizminister Böhmdorfer (FPÖ) gibt es weitere Klagen gegen vier Mitglieder (von insgesamt sieben) der Presseförderungskommission, die sich gegen die Förderung von „Österreich“ ausgesprochen hatten.
Privatklage gegen Kommissionsmitglieder
Diese vier betroffenen Gegner einer „Österreich“-Förderung wurden vom Kaufzeitungsverband VÖZ sowie von der Journalistengewerkschaft entsandt, während der Vorsitzende – ein pensionierter Jurist – für die Förderung war, da „Österreich“ und „Oe24“ auch als eigenständige Kapitalgesellschaften inszeniert wären (die freilich beide der „Mediengruppe Österreich GmbH“ gehören). Die restlichen beiden Beiratsmitglieder, die vom Bundeskanzleramt nominiert wurden, putzten sich ab und enthielten sich ihrer Stimmen – man will sich ja nicht mit dem Boulevard anlegen. Dass nun also auch noch die vier Vertreter, die einen Mehrheitsbeschluss in einer staatlichen Kommission gefasst haben, mit privaten Klagen (31.000 Euro) eingedeckt werden, ist beispiellos: Kommissionmitglied Fritz Wendl (ehem. ORF) bezeichnet das Vorgehen der Fellner-Gruppe als „überaus bemerkenswert als Versuch, Druck auszuüben, um gegen die Entscheidung einer Behörde und eine Kommission unabhängiger Experten zu Fördergeld zu kommen. Sollte so etwas funktionieren, wäre das gesamte Förderwesen infrage gestellt.“ Eine abstruse Situation, die nun von den Gerichten zu klären ist. In der Zwischenzeit könnte man Wolfgang Fellner vielleicht in eine universitäre Publizistik-Vorlesung einladen, wo er darüber aufgeklärt wird, was Journalismus und Zeitungen sind. Der „Fellnerismus“ (Armin Thurnher) fällt wohl nicht unbedingt darunter. Insofern: Presseförderung sowieso nein, aber es genügen ja vielleicht die Millionenzuwendungen aus Steuermitteln, die man ohnedies durch propagandistische Regierungsinserate für das Krawall-Blatt erhält.
Quelle: Der Standard