Scheinbar sind die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen im Vorjahr kleiner geworden. Doch tatsächlich hat sich nichts verbessert, vielmehr hat die Krise alle Lohnabhängigen hart getroffen und die Statistik vorübergehend verzerrt.
Wien. Jährlich werden zwei „Equal Pay Days“ errechnet: Jener im Herbst, ab dem Frauen quasi unbezahlt arbeiten – und jener im Frühjahr, bis zu dem dies statistisch gesehen der Fall ist. Nun ist der heurige Frühjahrs-Equal-Pay-Day am 15. Februar – und damit fast eine Woche vor dem Termin im Vorjahr (21. Februar). Das würde bedeuten, dass Frauen um sechs Tage weniger gratis arbeiten. In Wirklichkeit hat sich an der Lohnschere jedoch nichts Gravierendes geändert.
Verantwortlich für die scheinbare „Verbesserung“ sind vielmehr die wirtschaftlichen Verheerungen der Coronakrise. Denn während die Profite der Konzerne explodierten, die Reichsten ihre Vermögen ausbauten und die Börsen Rekorde feierten, verloren Hunderttausende Lohnabhängige große Teile ihres Einkommens wie Überstundenzulagen und Trinkgelder oder gleich den Job.
„Verbesserung“ durch Kurzarbeit und Kündigungen
Die Einkommensstatistik 2020 zeigt, dass von Kurzarbeit und den damit verbundenen Lohnverlusten öfter Männer betroffen waren – de facto ist dies ein (vorübergehendes) Schließen der Lohnschere ganz nach dem Geschmack der Unternehmer, nämlich eine Nivellierung nach unten. Ähnlich wirkten sich Kündigungen oder fehlende bzw. reduzierte Neueinstellungen in den Bereichen Tourismus und Gastronomie aus: So fielen extrem schlecht bezahlte Frauenjobs vorübergehend einfach aus der Statistik, und schon „stieg“ das durchschnittliche Einkommen, da jene Frauen, die während der Pandemie ihren Arbeitsplatz behalten konnten, tendenziell besser verdienten.
Beide Entwicklungen trugen maßgeblich zur scheinbaren Verringerung der Lohnschere, symbolisiert durch den heuer früheren Equal Pay Day, bei. Liberale Meinungsmacher wie die Agenda Austria versuchen dies in eine Verbesserung der Lohnsituation umzudeuten. Tatsächlich zeigt sich vor allem die unzureichende Abbildung der Arbeits- und Einkommensunterschiede, wenn lediglich Vollzeitstellen verglichen werden. So wird über unterschiedliche Möglichkeiten, eine Vollzeitstelle zu bekommen und Lohndifferenzen zwischen den Berufsgruppen erst gar nicht diskutiert.
Quelle: AK/OTS