HomeFeuilletonGeschichteGesinnungscheck für das „Berufsbeamtentum“ in Österreich

Gesinnungscheck für das „Berufsbeamtentum“ in Österreich

Gastkommentar von Gerhard Oberkofler, geb. 1941, Dr. phil., Universitätsprofessor i.R. für Geschichte an der Universität Innsbruck.

In diversen Medien wird berichtet, wie auf politischer Ebene über die Institutionalisierung einer Art Gesinnungskontrolle durch den Staatsapparat diskutiert wird. Den in dieser Frage besonders engagierten ÖVP-Politikern schwebt mit ihren juristischen Beratern ein „Berufsbeamtentum“ vor, aus dem „Kommunisten“ zu entlassen sind. Als nicht angesprochenes Vorbild dient das von einem berühmten Österreicher vor 90 Jahren (20. Juli 1933) in Deutschland erlassene Ergänzungsgesetz „zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“. Die Absicht, in einen österreichischen Pass gegebenenfalls ein „M“ („Marxist“) zu stempeln, besteht vorderhand nicht. Fürs erste soll ein von der herrschenden Politik überprüfte Bekenntnis-Check „zur demokratischen Gesellschaftsordnung“ abgegeben werden. Vorbild könnte die Enzyklopädie Wikipedia sein, die es in ihren biografischen Eintragungen speziell über Gesellschaftswissenschaftler nie verabsäumt, gleich bei der nach dem Namen folgenden Berufsbezeichnung „marxistisch“ als Vorabwarnung hinzuzufügen, also z. B. „ist ein österreichischer marxistischer Historiker“.

„Gesinnungskontrolle“ war und ist an den österreichischen Universitäten Alltag, auch ohne direkten Staatsauftrag, und zwar vor 1945 wie nach 1945. Zu den prominenten, aber vergessenen Beispielen gehören Samuel Mitja Rapoport (1912–2004), der, obschon weltweit geachteter Pionier der medizinisch-biochemischen Forschung, wegen seiner marxistischen Haltung von der Wiener Universität derart diskriminiert wurde, dass er 1952 nach Berlin (DDR) gehen musste. Oder der Radiochemiker und biophysikalische Chemiker Engelbert Broda (1910–1983), der nach seiner Rückkehr aus England, wo er am britischen Kernenergieprojekt beteiligt war, viele Jahre an der Wiener Universität denunziatorisch übergangen wurde, ehe er eine Professur erhalten hat. Selbst für eine zeitlich beschränkte Vertretung an einer anderen österreichischen Universität war Engelbert Broda „politisch“ nicht geeignet, die Innsbrucker Universität formulierte einfach: „passt nicht hierher“. Engelbert Broda war bekennender Marxist wie der Wiener Musikwissenschaftler Georg Knepler (1906–2003), der aus Wien nach 1945 ein zweites Mal vertrieben wurde. Der Innsbrucker Moraltheologe Johannes Kleinhappl SJ (1893–1979), ein Vorgänger der Befreiungstheologie, musste 1947 in Innsbruck allein deshalb seine ordentliche Professur von Heute auf Morgen aufgeben, weil er sich mit Karl Marx (1818–1883) befasst hat. Der international anerkannte marxistische Philosoph Walter Hollitscher (1911–1986) kam nicht einmal in die Nähe einer österreichischen Professur.

Die angestrebte Einführung eines Berufsverbots in Österreich nach dem Vorbild von Konrad Adenauer (1876–1967) ist eine reaktionäre Fleißaufgabe und konterkariert die posthume Aberkennung des Ehrenzeichens der Republik Österreich von Hans Globke (1898–1973). Globke hat als Beamter des Reichsinnenministerium u. a. die zwangsweise Kennzeichnung der Pässe von Juden mit „J“ formuliert, was den westdeutschen Bundeskanzler Adenauer aber nicht gestört hat, ihn als seinen Intimberater für sein Kanzleramt auszuwählen.

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