Brüssel. Am Mittwochmorgen wurde öffentlich verlautbart, dass es bei der Reform des EU-Asylrechtssystems zu einem vermeintlichen „Durchbruch“ gekommen sei. Hochrangige EU-Vertreterinnen und Vertreter schwelgten in Selbstlob und betonten die neue „Solidarität“ innerhalb der Union. Doch hinter den Kulissen verbirgt sich eine andere Wahrheit: Die EU rückt von den Grundsätzen der individuellen Asylgewährung ab, wie sie in der EU-Rechtsprechung und der Genfer Konvention verankert sind.
Das überarbeitete „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ (GEAS) sieht strenge Maßnahmen vor. Asylsuchende sollen bei ihrer Ankunft umfassenden Kontrollen unterzogen werden, wobei ihre biometrischen Daten erfasst und gespeichert werden. Zudem werden EU-weit einheitliche Verfahren zur beschleunigten Asylentscheidung angestrebt. Besonders absurd: Mitgliedstaaten können sich durch finanzielle Ausgleichszahlungen von der Aufnahme von Schutzsuchenden freikaufen. Zudem ermöglicht die Reform den Staaten, in bestimmten „Krisensituationen“ von den regulären Asylverfahren abzuweichen.
Während einige EU-Mitgliedstaaten, darunter Spanien und Griechenland, die Einigung begrüßen, stößt sie bei Menschenrechtsorganisationen und linken Gruppen auf heftige Kritik. So wird der Migrationsdeal als „Todesstoß“ für das individuelle Asylrecht bezeichnet.
Parallel zu den EU-Entwicklungen verschärft auch Frankreich seine Einwanderungspolitik. Ein neu beschlossenes Gesetz, das am Dienstagabend auf Druck der Opposition verabschiedet wurde, hat bereits interne Kritik hervorgerufen. Gesundheitsminister Aurélien Rousseau trat inmitten der Debatte zurück. Präsident Emmanuel Macron plant nun eine Überprüfung des Gesetzes durch den Verfassungsrat.
Quelle: junge Welt