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Wahltag in der BRD

Deutschland wählt – früher als geplant. Doch die Unzufriedenheit ist groß: Proteste gegen die AfD, Enttäuschung über die etablierten Parteien und eine unentschlossene Wählerschaft prägen das Bild. Während die Linkspartei als neue Sozialdemokratie überraschend Aufwind bekommt, bleibt die Frage: Gibt es überhaupt eine echte Alternative bei den Parteien? Und was bedeutet diese Wahl für die Arbeiterklasse?

Berlin. Am heutigen Sonntag wird in Deutschland gewählt. Diese Wahl kommt früher als geplant und ist – ähnlich wie die Verhältnisse in der österreichischen Politik – Ausdruck der Krise der bürgerlichen Demokratie. Während es bundesweit zu Protesten gegen die AfD sowie gegen das Verhalten von Kanzlerkandidat Merz und seiner CDU/CSU-Koalition kommt, herrscht unter den Wahlberechtigten große Unentschlossenheit. Die AfD gilt zwar als das große Schreckgespenst, doch laut einer Umfrage des ZDF-Politbarometers wissen 27 Prozent der Befragten noch nicht sicher, ob sie wählen werden – und falls ja, wen. Die Enttäuschung darüber, dass Wahlversprechen nicht eingehalten werden und sich die Lage vieler Menschen weiter verschlechtert, ist kaum noch zu übersehen – es sei denn, man ist Politiker oder Politikerin einer der etablierten Parteien. Diese setzen ihre Politik unverändert fort, was wenig überrascht, denn sie machen Politik im Dienst des Kapitals – nicht für die Mehrheit der in der BRD lebenden Menschen.

AfD ist keine Alternative

Dennoch sollte man sich keine Illusionen über weniger etablierte Parteien wie die vermeintliche „Alternative für Deutschland“ machen. Diese ist in ihrer Kapitalfreundlichkeit mindestens so radikal wie die FDP und steht in Sachen Geschichtsrevisionismus und Rassismus an vorderster Front – also bei den ideologischen Ablenkungsmanövern. Hier gibt es nichts zu holen, außer vielleicht für Banken und Konzerne, wie sich am Beispiel Tesla und Musk bereits andeutet. Angriffe auf Migrantinnen und Migranten, Menschen mit Migrationshintergrund und die Arbeiterklasse stehen auf der Agenda der AfD.

BSW und die Nostalgie nach dem Sozialstaat

Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) stellt keine wirkliche Alternative dar. Zwar ist der Antikriegskurs erfrischend und in vielen Punkten richtig, doch die Vorstellungen von Wagenknecht und ihrem Umfeld wirken oft nostalgisch. Sie scheinen sich eine Rückkehr zum Glanz der Nachkriegszeit mit ihrem Wohlfahrtsstaat zu wünschen. Dabei wird jedoch ignoriert, dass diese Zeit eine historisch spezifische Situation war: Die Nähe zur DDR und zur Sowjetunion zwang den Kapitalismus zu einer anderen Verwaltung. Doch auch damals blieb es Kapitalismus – und die Arbeiterklasse wurde weiterhin ausgebeutet.

Der Hype um die Linkspartei als neue Sozialdemokratie

„Die Linke“ hat überrascht. Sie scheint vom Zerfall der Ampelkoalition und der Unglaubwürdigkeit der etablierten Parteien zu profitieren. Frei nach dem Motto „Totgesagte leben länger“ erlebt sie einen Mitgliederzuwachs, und in Umfragen werden ihr knapp 10 Prozent zugesprochen. Sie inszeniert sich in den sozialen Medien mit ihrer hippen Spitzenkandidatin und trifft offenbar einen Nerv der Zeit, indem sie – ganz in sozialdemokratischer Tradition – soziale Themen in den Mittelpunkt rückt und aktiv Kampagnen dazu führt.

Nur der Klassenkampf schafft Abhilfe

Auch die Partei „Die PARTEI“ ist eigentlich keine Option – auch wenn sie mit ihrer Satire oft treffend und unterhaltsam ist. Doch Humor allein ändert nichts an den ungerechten Verhältnissen, unter denen die Menschen in der BRD leben. Auch die verschiedenen anderen Kleinparteien bieten kaum eine wirkliche Alternative.

Die Kurzfristigkeit der Wahl stellte zudem für viele kleinere Parteien eine enorme Hürde dar. So benötigt jede Partei 2.000 gültige Unterstützungsunterschriften pro Bundesland, um kandidieren zu können. Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) steht daher bei dieser Wahl nicht auf dem Stimmzettel.

Doch nicht nur kleinere Parteien haben mit diesen Umständen zu kämpfen – auch viele eigentlich wahlberechtigte Deutsche im Ausland werden möglicherweise ihrer Stimme beraubt. Nach der Eintragung in das Wählerverzeichnis und dem Antrag auf einen Wahlschein für die Bundestagswahl 2025 wurde Auslandsdeutschen mitgeteilt, dass die Wahlunterlagen aufgrund der verkürzten Fristen erst am 10. Februar erwartet würden. Erst danach könne der Versand erfolgen, wodurch unklar bleibt, ob eine rechtzeitige Zustellung und Rücksendung überhaupt möglich ist.

Die Anzahl der im Ausland lebenden Deutschen wird von den diplomatischen Vertretungen der Bundesrepublik nicht systematisch erfasst. Schätzungen zufolge liegt sie bei etwa drei bis vier Millionen Menschen. Nimmt man eine vergleichbare Stimmberechtigtenquote wie in Deutschland von rund 73 Prozent an, könnten theoretisch 2,2 bis 2,9 Millionen Deutsche im Ausland an Wahlen teilnehmen.

Wie die Wahlen ausgehen, bleibt abzuwarten. Doch dass sich die Arbeiterklasse im Land organisieren muss, ist über die Grenzen der BRD hinaus von Bedeutung – schließlich handelt es sich immer noch um die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Nur der Klassenkampf und der organisierte Einsatz für die Rechte und Interessen der Mehrheit kann die Lage verbessern, Hoffnung auf Gerechtigkeit schaffen und letztlich den Weg zu Frieden ebnen.

Quelle: Handelsblatt/Die Zeit

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