Mehr als 40.000 Menschen sind in Österreich als Freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer auf dem Papier selbständig. In der Realität heißt das zumeist, von einem einzigen Dienstgeber abhängig zu sein, der bequem und steuerschonend Kollektivverträge, Arbeitsrecht und Schutzbestimmungen umgeht.
Jederzeit ohne Kündigungsfrist abbaubar, sind in der aktuellen Situation tausende Freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer mit existenzbedrohenden Einkommensverlusten konfrontiert. Denn Kurzarbeit hat die Regierung für diese Gruppe erst nach vier Schreckwochen Untätigkeit ermöglicht, als es längst zu spät war und die Betroffenen (etwa im binnen Tagen auf Null zurückgefahrenen Erwachsenenbildungsbereich) auf der Straße standen. Und nur eine Minderheit hat Anspruch auf AMS-Bezüge (die mit 55 % des durchschnittlichen Nettogehalts ohnehin kaum für die monatlichen Fixkosten und Lebensmittel reichen).
Bleibt der Härtefällefonds, welchen die Wirtschaftskammer verwaltet, also die gesetzliche Interessensvertretung der Unternehmen(!). Immerhin „schon“ eine Woche, nachdem die EZB 750 Milliarden Euro für die Finanzierung von Großkonzernen und Stabilisierung der Börsen locker gemacht hatte, wurde kleinen Selbständigen die Möglichkeit eröffnet, als Bittsteller um Einmalzahlungen zwischen 500 und 1000 Euro anzusuchen. Und wie nicht anders zu erwarten war, schloss die ellenlange Voraussetzungskette der Förderrichtlinie durch Einkommensuntergrenzen, Ausschluss von Mehrfachversicherungen und Nebenverdiensten und Ähnliches gerade die Prekärsten des Prekariats aus.
Scheinselbständigkeit, staatlich finanziert
Die angekündigten kosmetischen Änderungen bei Kurzarbeit und Härtefällefonds werden allesamt nicht reichen, betroffenen Freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer den Verdienstentgang zu ersetzen, welcher sich darüber hinaus durch abzusehende Sparpakete bei Staat und Konzernen bis weit nach die Epidemie hinziehen wird. Zusammen mit Leiharbeit, Werkverträgen und undurchsichtigen Subunternehmer-Strukturen und hat der Staat in den letzten Jahrzehnten unter heftigem Geklatsche der neoliberalen EU-Eliten unter den Stichwörtern „Deregulierung“ und „Flexibilisierung“ legale Umgehungsmöglichkeiten von ordentlichen Beschäftigungsverhältnissen geschaffen. Die Zeche zahlen im Krisenfall wieder einmal die Werktätigen; das unternehmerische Risiko wurde mehr oder weniger elegant auf die Arbeitenden und die öffentliche Hand ausgelagert.
Dabei sind die wichtigsten Branchen, in denen Freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer beschäftigt sind (bzw. gerade hinausgeworfen wurden), zu großen Teilen durch Steuergelder finanziert: Erziehung und Unterricht; Gesundheits- und Sozialwesen sowie in kleinerem Umfang Kunst. So haben die bürgerlichen Regierungen nicht nur die rechtlichen Voraussetzungen für prekäre Beschäftigungsformen geschaffen, Steuergeld finanziert auch massiv jene Unternehmen, die die absurde Rechtslage ausnutzen, welche einfache Mitarbeiter zu „freien“ Selbständigen erklärt.
Klassenbewusste Kräfte setzen sich schon seit Jahren auf vielen Ebenen gegen den vereinten Widerstand von Konzernen, Politik und sich unzuständig fühlenden Gewerkschaftsbossen für die Zurückdrängung prekärer Beschäftigung ein; gerade jetzt ist die Zeit, gemeinsam für reguläre, abgesicherte Beschäftigungsformen in allen Branchen zu kämpfen!