Auf dem Gelände des ehemaligen NS-Lagers „Am Weinberg“ in Leobersdorf haben am Donnerstag, den 21. August, die Bauarbeiten für ein Gewerbeareal begonnen. Trotz massiver Kritik von Gedenkinitiativen und dem Mauthausen Memorial wird das Areal, auf dem im Zweiten Weltkrieg Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und Frauen im Rahmen des KZ Mauthausen inhaftiert waren, nun mit Gewerbehallen überbaut.
Entscheidungsprozess und Rolle der Behörden
Ein kurzfristig einberufenes Treffen am 20. August, an dem Vertreter der Gemeinde, des Bundesdenkmalamts (BDA), des Mauthausen Memorials, einer lokalen Gedenkinitiative sowie der Bauherrschaft teilnahmen, ebnete den Weg für die Baumaßnahmen. Das BDA erhob keine weiteren Einwände gegen die Pläne und begrüßte die geplante „in situ“-Konservierung, also die Überdeckung der archäologischen Reste unter den neuen Bauten.
Kritiker sehen darin jedoch einen Widerspruch: Für die Errichtung der Hallen seien massive Fundamentierungen und Bodeneingriffe nötig, die die verbliebenen Spuren unwiederbringlich zerstörten.
Hintergrund: Grundstücksverkäufe und Umwidmungen
Das Areal wechselte in den vergangenen Jahren mehrfach den Eigentümer. 2021 erwarb die Prisma Group des heutigen Bürgermeisters Andreas Ramharter die Flächen, verkaufte sie jedoch wenig später an die TRA LEO GmbH & Co KG weiter. Nach Angaben aus den Kaufunterlagen erzielte Ramharter mit den Grundstücksgeschäften und Umwidmungen einen Gewinn von rund 11,5 Millionen Euro.
2023 und 2024 erfolgten im Gemeinderat die entsprechenden Umwidmungen von Verkehrs- in Betriebsflächen, auch mit den Stimmen des Bürgermeisters. Damit wurde die rechtliche Grundlage für die geplante Gewerbebebauung geschaffen.
Kritik von Gedenkinitiativen und Parteien
Die KZ-Gedenkstätte Mauthausen sowie lokale Initiativen hatten wiederholt vor einer Überbauung gewarnt und stattdessen eine Gedenkstätte oder zumindest einen sichtbaren Erinnerungsort gefordert. Unterstützung erhielten sie von mehreren politischen Parteien: Die SPÖ sprach von „unerträglicher Geschichtsvergessenheit“ und forderte eine Intervention des Bundes, die Grünen kündigten gesetzgeberische Schritte an. Auch die Neos und der WWF übten Kritik und verwiesen auf strukturelle Probleme in der Raumordnung.
In sozialen Netzwerken äußerten viele Bürgerinnen und Bürger Unverständnis über das Vorgehen. Mehrfach wurde das Fehlen eines Mahnmals kritisiert und die Rolle der Gemeinde in Frage gestellt.
Erinnerungskultur unter Druck
Die letzten Fundamentreste auf dem Gelände gelten als die einzigen materiellen Zeugnisse des Leidensortes. Ihre Überbauung widerspricht nach Ansicht der Gedenkinitiativen dem gesetzlichen Auftrag des Gedenkstättengesetzes, das die Bewahrung und Vermittlung der Geschichte der NS-Verbrechen vorsieht.
Bereits im November 2024 hatte die Zeitung der Arbeit über die Pläne zur Bebauung des Areals berichtet und auf die historische Belastung des Geländes hingewiesen. Mit dem nun erfolgten Baustart sehen Kritiker die Chance auf ein würdiges Gedenken endgültig schwinden.