Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Immer mehr Menschen in Wien und Niederösterreich müssen zur Caritas gehen, um Lebensmittel zu bekommen. Wurden 2023 rund 8.282 Personen über die „Le+O“-Ausgabestellen versorgt, sind es heuer bereits über 10.400 – ein Anstieg von 26 Prozent in nur einem Jahr. Die Caritas reagiert mit einer neuen Hotline für Notfälle. Doch während Hilfsorganisationen an ihre Grenzen stoßen, zieht sich der Staat weiter aus der Verantwortung zurück.
Teuerung frisst Einkommen – und das soziale Leben gleich mit
„Viele wissen nicht, wie sie sich den nächsten Einkauf leisten sollen“, sagt Caritas-Wien-Direktor Klaus Schwertner gegenüber dem ORF. Besonders betroffen sind Arbeitslose, Alleinerziehende und Menschen mit geringem Einkommen. Laut Statistik Austria kann bereits ein Zehntel der Bevölkerung die laufenden Ausgaben nicht mehr decken. Die Folgen sind dramatisch: Familien greifen zu billiger, minderwertiger Nahrung, Kinder sind von teilweise Mangelernährung betroffen, soziale Kontakte werden eingeschränkt, weil selbst kleine Ausgaben nicht mehr möglich sind. Armut bedeutet längst nicht mehr nur leere Geldbörsen – sie bedeutet soziale Isolation, psychischen Druck und einen systematischen Ausschluss von gesellschaftlicher Teilhabe und hat so physische und psychische Folgen.
Sparpolitik als Klassenpolitik
Während die Regierung Milliarden für Konzerne, Militär und EU-Aufrüstung bereitstellt, wird bei den Ärmsten gnadenlos gespart. Die Abschaffung des Klimabonus, das Auslaufen der Strompreisbremse, die Streichung der Valorisierung von Familienleistungen und die Streichung von Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose treffen genau jene, die ohnehin kaum über die Runden kommen. Die „Budgetsanierung“ ist nichts anderes als Klassenkampf von oben. Sie soll die Krisenlast, die aus dem kapitalistischen Wirtschaftssystem selbst entsteht, auf die arbeitende Bevölkerung und die Armen abwälzen – während Konzerne Rekordprofite verzeichnen und Vermögende weiterhin steuerlich geschont werden.
Systemische Ursachen statt moralischer Appelle
Wenn die Caritas von einem drohenden Anstieg der Armut warnt, dann benennt sie die Symptome, nicht aber die Ursachen. Die Armut in einem reichen Land wie Österreich ist kein Zufall, kein bedauerlicher Nebeneffekt, sondern ein direktes Produkt des kapitalistischen Systems, das Profit über menschliche Bedürfnisse stellt.
Lebensmittelpreise steigen, weil Konzerne ihre Gewinne sichern wollen. Löhne stagnieren, weil Arbeit entwertet wird und Konzerne ihre Gewinne sichern wollen. Und die Politik handelt im Interesse jener, die vom Elend anderer profitieren. Der vielbeschworene soziale Friede wird nur dadurch erkauft, dass Hilfsorganisationen wie die Caritas die Lücken stopfen, die der Staat bewusst hinterlässt und auch die Sozialpartnerschaft befriedet. Armut kann man nicht mit Hotlines bekämpfen.
Quelle: ORF

















































































